Jugendliche gestalten am Montag einen Mahn- und Gedenkweg zur STOLPERSTEIN-Verlegung

Am 22. September, ab 11.00 Uhr begeben sich Jugendliche zusammen mit Museumsleiter Guido Strohfeldt auf einen Mahn- und Gedenkweg durch Fürstenwalde. Ziel ist es, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern, und NS-Tatorte in Fürstenwalde sichtbar zu machen. An diesem Mahn- und Gedenkweg nehmen Jugendliche des Geschwister-Scholl-Gymnasiums und der Oberschule Briesen teil. Auf dem Weg gestalten sie mit Kreidespray temporäre Erinnerungsrosen, die mit Sprühschablonen auf den Boden gebracht werden. Diese Rosen markieren Orte, an denen während der NS-Zeit Menschen ausgegrenzt, verfolgt oder ermordet wurden. Wie z.B. am Bürgerhaus, wo sich ein berüchtigter „Folterschuppen“ der SS befand. Dort wurde u.a. der Kommunist Richard Soland schwer gefoltert.

Die gesprayten Rosen sollen Vorbeigehende innehalten lassen, und zugleich auf die Verantwortung für ein aktives Erinnern hinweisen. Nach wenigen Tagen, bzw. spätestens nach dem nächsten Regen, verblassen/verschwinden die Rosen wieder.

Als Höhepunkt des Mahn- und Gedenkweges verlegt Gunter Demnig um 12.00 Uhr vier STOLPERSTEINE für Familie Lehmann vor dem Haus in der Eisenbahnstr. 31 in Fürstenwalde. Dort wohnte bis 1937 Dr. Jakob John Lehmann und seine Frau Elisabeth mit den zwei Söhnen Hans und Gert Joachim. Und dort befand sich auch die Zahnarztpraxis von Dr. Lehmann. Diese Adresse in Fürstenwalde war der letzte freiwillig gewählte Wohnort der Familie. Das Haus existiert heute nicht mehr, es wurde im Krieg zerstört.

Der Mahn- und Gedenkweg macht deutlich: Erinnerungskultur lebt vom Mitwirken junger Menschen. Durch die aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte setzen Jugendliche ein starkes Zeichen gegen das Vergessen und für ein demokratisches Miteinander in der Gegenwart. Wir wollen zeigen, dass die NS-Geschichte nicht vergessen werden darf. Wir machen sichtbar, was damals geschehen ist und dass auch wir heute Verantwortung tragen, damit so etwas nie wieder passiert, sagt eine Jugendliche, die namentlich nicht genannt werden möchte. Und ergänzt: Wir sehen ja auch überall, dass Demokratie und Menschenrechte nicht selbstverständlich sind
Erinnert wird vor der Eisenbahnstraße 31 an die Familie Lehmann – an ihrem letzten selbstgewählten Wohnsitz. Das ursprüngliche Haus der Familie ist im Krieg zerstört worden.

Dr. Jakob John Lehmann, JG 1887, war in Fürstenwalde ein bekannter Zahnarzt. Im Mai 1943 wurde er von der Gestapo in Berlin verhaftet, schwer misshandelt und im August 1943 ins KZ Buchenwald deportiert. Dort wurde er als sogenannter „Schutzhäftling“ geführt. Als jüdischer und politischer Häftling trug er einen rot-gelben Stern. Seine letzte Nachricht stammt vom 6.12.1944, das Todesdatum ist unbekannt. Seine Eltern lebten in der Nähe des Alexanderplatzes, seine Familie war künstlerisch geprägt.

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Elisabeth Lehmann, JG 1901, geb. Raddau, entstammte einer gutsituierten christlichen Familie in Berlin. Sie musste – als mit einem Juden verheiratete christliche Frau – viele Schikanen, Demütigungen und Beschimpfungen ertragen. Nach dem Krieg pendelte sie zwischen Berlin und dem Wohnort ihres jüngeren Sohnes Gert Joachim in Palm Beach, Florida. Sie starb am 13.1.1970 während eines Aufenthaltes in ihrer Wohnung in Berlin-Wilmersdorf.

Joachim Gert Lehmann wurde am 3. April 1943 nach Auschwitz deportiert. Er überlebte schwerste Zwangsarbeit im KZ Auschwitz Monowitz III, einen Todesmarsch im Frühjahr 1945 ins KZ Flossenbürg und erneut schwerste Zwangsarbeit im Aussenlager Pottenstein für die SS Karstwehr. Er wurde 1945 in einer Scheune von den Amerikanern befreit, und emigrierte 1947 in die USA. Er starb am 27. Mai 1985 in Palm Beach, Florida.

Hans Lehmann Seine Flucht im Spätsommer 1940 nach Palästina (Brit. Mandatsgebiet) war dramatisch. Hans Lehmann überlebte das Unglück mit der SS Paria am 25. Nov. 1940, bei der 267 Menschen starben, und durfte danach in Haifa einreisen. Danach war er im Lager Atlit interniert, und meldete sich beim Britischen Militärdienst. Nach seiner Entlassung heiratete er 1941, und wurde Vater eines Sohnes. 1947 meldete er sich wieder zum Dienst bei den Briten. Am 9. Februar 1948 geriet er in der Nähe von Tel Aviv an der Spitze eines Konvois unter Beschuss und starb.

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