Mit provokantem Motto: „Selber Schuld“
Frauen und Mädchen wird oft vorgeworfen, dass sie selbst schuld sind an ihren Benachteiligungen. Es heißt: „Frauen können einfach nicht so gut verhandeln.“, „Frauen müssen ja nicht Altenpflegerin oder Erzieherin werden, sie könnten auch einen Beruf mit besseren Gehältern ergreifen.“ oder „Frauen wollen eben bei den Kindern bleiben und keine Karriere machen.“ Das provokante Motto der Brandenburgischen Frauenwoche 2018 „Selber Schuld“ ruft dazu auf, diese individualisierten Schuldzuweisungen zu hinterfragen und die Mechanismen dahinter zu erkennen. Denn es sind strukturelle Diskriminierungen, die z.B. Altersarmut begünstigen, Frauen und Mädchen von politischen Mandaten fernhalten oder traditionelle Geschlechterrollen aufrechterhalten.
Mehrere Veranstaltungen thematisierten das provokante Thema „Selber Schuld“, so unter anderen der traditionelle Frauenstammtisch mit Gastgeberin Dr. Gerhild Schulzendorf sowie eine Diskussionsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften zum Thema „Lohnungleichheit und die Folgen im Alter“, die die GefAS direkt am Internationalen Frauentag organsiert hat. Sehr politisch ist auch die Kaffeetafel mit Vortrag und Diskussion unter dem Motto „Selber Schuld – Was verdient die Frau?“, zu der das Soziale Zentrum „Haltestelle“ der Caritas in Kooperation mit dem DGB eingeladen hat. Da dies ein Ausflug ist, wird um rechtzeitige Anmeldung gebeten.
Provokant ist auch der Titel eines Vortrags von Rechtsanwältin Christina Clemm am 1. März unter dem Motto „Selber Schuld. Nur weil er die Mutter schlägt, ist er noch lange kein schlechter Vater“. Hierzu wollen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses ins Gespräch kommen mit Expertinnen des Netzwerks Häusliche Gewalt, Verantwortlichen aus Behörden und Beratungsstellen sowie allen Interessierten.
Andererseits wollen sich Frauen auch darin bestärken, dass in den letzten 100 Jahren seit der Einführung des Frauenwahlrechts viel erreicht wurde. Wir erinnern mit einer Veranstaltung am 2. März daran, dass dieser Meilenstein ein Ergebnis hartnäckigen Protests von Frauen war. Die Erfolge von über 100 Jahren Frauenbewegung soll Mut machen, sich gegen die heutigen geschlechtsspezifischen Diskriminierungen zu wehren und sich mit Mädchen und Frauen in ihrer Vielfalt zu solidarisieren. Dazu hat die frauenhistorische Expertin Claudia von Gélieu die Rolle der Clara Zetkin im Gepäck und möchte mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Fürstenwalde Anne-Gret Trilling, der Integrationsmanagerin Katja Hoffmann sowie Andrea Schokat vom Büro der Beauftragten des Landkreises Oder-Spree sowie allen Interessierten diskutieren, was sich auch nach 100 Jahren formaler Gleichberechtigung ändern muss. Rania Harami vom Fürstenwalder Verein Al Tariq gibt uns in diesem Zusammenhang einen Einblick in das Wahlrecht syrischer Frauen und die Bedingungen in ihrer Heimat.
Mut machen soll auch das Dachetagengespräch am 15. März. Gastgeberin Elisabeth Alter hat sich die Landtagspräsidentin Britta Stark eingeladen, die als Politikerin für ein neues weibliches Selbstbewusstsein steht. Entgegen der Anfangszeit im gedruckten Programm beginnt die Veranstaltung erst um 15 Uhr.
Über 30 Angebote – Diskussionsrunden, Stammtische, Lesungen, Comedy, Filme, Vorträge und Mitmachangebote – sind sowohl in den Veranstaltungskalender der Stadt eingestellt, als auch als kleine Broschüre in einer Auflage von 2.000 Stück in vielen Institutionen und Vereinen erhältlich. Die meisten Veranstaltungen sind ohne Eintritt.
„Wie immer ist es unser Wunsch, dass sich Frauen aus verschiedenen Herkunftsländern begegnen und junge und ältere Fürstenwalderinnen – und natürlich auch Fürstenwalder – ins Gespräch kommen“, so Gleichstellungsbeauftragte Anne-Gret Trilling, „denn Frauenwoche in Fürstenwalde heißt eben auch solidarisch sein und aufgeschlossen gegenüber Neuem.“