Topmodell mit Achtzylindermotor erstrahlt in neuem Glanz
Zum 100. Gründungsjubiläum der Tschechoslowakei präsentiert ŠKODA AUTO mit dem ŠKODA 860 ein frisch restauriertes Juwel seines Museumsbestandes. Das Ausstellungsstück von 1932 ist das einzige erhaltene Cabriolet der Baureihe und zeugt von den frühen Glanzzeiten des tschechischen Automobilherstellers. Das luxuriöse Fahrzeug setzte seinerzeit Maßstäbe bei Ausstattung, Fahrkomfort und Leistung. Der laufruhige Achtzylinder-Reihenmotor beeindruckte damals durch seine hohe Elastizität. Ab sofort ist der ŠKODA 860 Teil der Dauerausstellung im ŠKODA Museum in Mladá Boleslav.
Der ŠKODA 860 belegt eindrucksvoll das hohe konstruktive und technische Niveau, das die Fahrzeuge des tschechischen Automobilherstellers bereits in der Vorkriegszeit erreicht hatten. PKW mit Achtzylinder-Reihenmotor waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts populär und wurden vor allem wegen der hohen Laufruhe geschätzt. Mit dem ŠKODA 860 knüpften die Konstrukteure in Mladá Boleslav technisch an den Laurin & Klement FF von 1907 an, das wahrscheinlich erste Automobil mit Achtzylinder-Reihenmotor in Mitteleuropa. Um die Schwingungen im Motor zu reduzieren, setzten die Ingenieure beim ŠKODA 860 auf eine neunfach gelagerte Kurbelwelle sowie einen Lanchester-Schwingungsdämpfer. Die Elastizität des Viertakt-Ottomotors mit 3.880 ccm Hubraum beeindruckt noch heute: Im dritten und höchsten Gang beschleunigt das fast 5,5 Meter lange Fahrzeug bereits ab Schrittgeschwindigkeit – die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 110 km/h. Ebenfalls vorbildlich für diese Zeit war das Bremssystem mit einem Unterdruck-Bremskraftverstärker.
Beim ŠKODA 860 aus dem Museumsbestand handelt es sich um das einzige erhaltene Cabriolet der Baureihe. ŠKODA ließ das Fahrzeug in den vergangenen zwei Jahren aufwendig restaurieren und legte dabei höchsten Wert auf Originaltreue. Die Restauratoren erneuerten Lackierung, Dachbezug und Sitzpolsterung, darüber hinaus führten sie kleine Reparaturen an der Holzkonstruktion sowie an der Karosserie durch. Heute strahlt das fahrbereite Exponat in neuem Glanz: Besucher können sich das Modell am Unternehmenssitz in Mladá Boleslav als Teil der Dauerausstellung im ŠKODA Museum anschauen.
Der ŠKODA 860 bot einige für die 30er-Jahre hochinnovative Ausstattungsdetails, zum Beispiel den Neigungsmesser auf dem Armaturenbrett, der als Vorgänger der modernen Schaltempfehlungsanzeige gilt. Bei Steigung oder Gefälle riet das Messgerät, rechtzeitig herunterzuschalten, auf gerader Strecke gab es die Empfehlung zum Hochschalten. Ein weiteres Feature war die versenkbare Glasscheibe, die auf Wunsch die Fahrerkabine vom komfortablen Fahrgastraum trennte und so für Diskretion sorgte. Schon zu jener Zeit überzeugten Modelle der tschechischen Traditionsmarke mit ihrem großen Platzangebot: So konnten auf der angenehm gepolsterten Rückbank des ŠKODA 860 bis zu drei Erwachsene sitzen, außerdem fanden dank der großzügigen Kniefreiheit noch zwei klappbare Behelfssitze Platz. Sie waren zum Beispiel für Kinder oder Begleitpersonal bestimmt. Zum hohen Fahrkomfort trugen die im Boden verbaute Glühheizung, Armlehnen und Fußrasten ebenso bei wie Zigaretten- oder Zigarrenanzünder und Rollos an den Seitenscheiben.
Sein Debüt feierte der ŠKODA 860 am 23. Oktober 1929 auf der Automobilmesse in Prag. Er war zu dieser Zeit das Topmodell der neuen PKW-Generation aus Mladá Boleslav, die der Hersteller in seiner modernen Fabrik am Fließband fertigte. Die Typbezeichnung gab Hinweise auf Zylinderanzahl und Motorleistung. Das Basismodell, der ŠKODA 422 mit Vierzylindermotor, leistete damals 22 PS (16 kW). Der mit Achtzylindermotor ausgestattete ŠKODA 860 verfügte bei 3000/min über eine Leistung von 60 PS (44 kW). Das Fahrzeug basierte auf einem robusten Leiterrahmen – lange, breite Blattfedern mit hydraulischen Stoßdämpfern federten die zwei Starrachsen. Das Fahrwerk des ŠKODA 860 wog ohne Karosserie 1.460 Kilogramm, der komplette Wagen brachte rund zwei Tonnen auf die Waage. Bis Sommer 1931 entstanden insgesamt 49 Chassis, die letzten beiden erhielten ihre Karosserien im Frühling 1933. Trotz hochwertiger Ausstattung und überzeugender Motorleistung blieb der ganz große Erfolg des ŠKODA 860 aus. Grund war unter anderem die Weltwirtschaftskrise: Der Einstiegspreis der Limousine lag bei 125.000 Kronen, das Cabriolet startete bei 140.000 Kronen. Darüber hinaus bot ŠKODA damals das sogenannte Faux-Cabriolet an, also ein „falsches Cabriolet“. Der Wagen verfügte über ein festes Dach, dieses erweckte aber von außen den Anschein eines Faltdachs. Wohlhabende Kunden ließen ihr Fahrzeug von spezialisierten Karosseriebauern individuell anpassen, zum Beispiel von der Prager Firma J. O. Jech oder Theodor Petera in Vrchlabí. Letzterer hatte seinen Sitz zur damaligen Zeit im heutigen ŠKODA AUTO Werk.
Das einzigartige offene Modell diente ursprünglich als Vorführwagen und zählt seit 1998 zum Bestand des ŠKODA Museums. Heute existieren nur noch sehr wenige komplett erhaltene Limousinen vom Typ ŠKODA 860, darunter auch ein Feuerwehrwagen und ein Faux-Cabriolet.
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