Viele Kinder unzureichend geschützt

Impfungen können Leben retten. Rund 40 Prozent der 2-Jährigen in Brandenburg haben im Jahr 2022 trotzdem die Impfungen nicht oder nicht vollständig erhalten, welche die Ständige Impfkommission (STIKO) für die ersten beiden Lebensjahre empfiehlt. Hierzu zählen Impfungen gegen 13 Erkrankungen wie zum Beispiel Tetanus, Diphtherie oder Masern. „Bei einem großen Teil der Kinder werden die Impfserien zwar begonnen, aber nicht abgeschlossen. Diese Nachlässigkeit führt dazu, dass die Kinder keinen ausreichenden Schutz gegen teilweise lebensbedrohliche Erkrankungen aufbauen können, sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der BarmerBerlin/Brandenburg.

Die Barmer hat anhand von ärztlichen Abrechnungsdaten ermittelt, wie viele Kinder vollständig, unvollständig oder überhaupt nicht geimpft sind. Der Anteil der Kinder, die bis zu ihrem zweiten Lebensjahr keine einzige Impfung erhalten haben, war mit 1,5 Prozent im Jahr 2022 zwar gering. Das Impfziel von 95 Prozent wurde aber trotzdem für keine der 13 empfohlenen Impfungen erreicht, weder in Brandenburg noch in einem anderen Bundesland.

Die im Jahr 2020 eingeführte Impfpflicht für Masern hat zwar dazu geführt, dass die Masernimpfquote in Brandenburg inzwischen bei 86,6 Prozent der zweijährigen Kinder liegt. Vor der Impfpflicht im Jahr 2019 lag sie noch bei 78,5 Prozent. Das Impfziel von 95 Prozent, das einen Herdenschutz auch für Kinder böte, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, wird jedoch verfehlt. „Die derzeit zugelassenen Impfstoffe sind hoch wirksam und gleichzeitig sehr gut verträglich. Das Risiko eines möglichen Impfschadens steht in keinem Verhältnis zum Risiko, das Eltern eingehen, wenn sie ihre Kinder nicht impfen lassen“, so Leyh weiter.

HPV-Impfung gegen Krebs bleibt zu häufig ungenutzt
Die Krankenkasse macht noch auf eine weitere Impfung aufmerksam, die vor bestimmten Krebsarten schützt, aber trotzdem zu wenig genutzt wird. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 4.600 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Dies sind vermeidbare Fälle, denn eine HPV-Impfung schütz vor dieser und anderen Krebsarten, erklärt Leyh. HPV (Humanes Papillomvirus) wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen und ist weit verbreitet. Nach Schätzungen ist jede vierte Frau im Alter von 30 Jahren mit HPV infiziert. Zwar führt nicht jede Infektion zu Krebs, aber Gebärmutterhalskrebs ist zu 100 Prozent auf eine HPV-Infektion zurückzuführen.
Die STIKO empfiehlt seit dem Jahr 2018 die HPV-Impfung für Jungen und Mädchen zwischen neun und 14 Jahren. Nachgeimpft werden kann noch bis zu einem Alter von 17 Jahren. In Brandenburg waren im Jahr 2022 rund 28,6 Prozent der Mädchen und jungen Frauen zwischen neun und 17 Jahren nicht oder nur unvollständig gegen HPV geimpft. Bei den Jungen fällt der Anteil ohne vollständige HPV-Impfung mit 67,7 Prozent deutlich höher aus. „HPV-Infektionen sind tickende Zeitbomben. Jeder Krebspatient hätte rückblickend alles getan, um die Erkrankung zu vermeiden. Eine HPV-Impfung gibt die Chance, zum Beispiel Gebärmutterhals-, Rachen- oder Analkrebs zu verhindern.

Wie lassen sich die Impfquoten erhöhen? Die Barmer glaubt, dass die Überzeugungsarbeit von Ärzten den größten Einfluss auf die Eltern habe. Hilfreich sei außerdem, wenn die Praxissoftware über ein sogenanntes Recall System verfüge, das Versicherte und Praxis automatisch an fällige Impfungen erinnert. Krankenkassen können anhand ihrer Abrechnungsdaten erkennen, ob Impfungen stattgefunden haben oder nicht. Aufgrund eines Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz der Länder etablieren die gesetzlichen Krankenkassen derzeit Impferinnerungssysteme für ihre Versicherten.

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