Es ist ein kühnes Vorhaben, 40 Jahre Kunstgalerie in EINER Ausstellung zu würdigen.
Respekt, dass die relativ jungen neuen Betreiber des Hauses dieses Projekt wagen. Das ist nur mit einer gehörigen Portion Unbekümmertheit möglich – Alteingesessene hätten sich ob dieser oder jener Bedenken, diesem oder Jenem nicht gerecht zu werden, damit ganz sicher schwergetan.
Wen stellen wir aus – wen lassen wir weg? Was stellen wir aus – was lassen wir weg?
Die Beantwortung dieser Fragen könnte man sich richtig schwer machen. Man kann sie sich aber auch durch ein gerüttelt Maß Pragmatismus wesentlich erleichtern: Wer wohnt dicht dran – wer wohnt weit weg? Worauf haben wir schnellen Zugriff? Was gefällt uns?
Um nicht falsch verstanden zu werden: Die Herren Köckeritz und Becker traten ein Erbe an, das ab 2013 nicht wirklich historisch aufbereitet war. Die vorherigen Betreiber waren nicht die Art Mensch, die über Erfolge und Misserfolge, Siege und Niederlagen, Fortschritte oder Rückschläge akribisch Buch geführt haben. Insofern gab es keine Statistik, die man hätte kraftsparend plündern können, keine echte Vorarbeit für das große Jubiläum, die eigentlich bereits vor ein, zwei Jahren hätte begonnen werden müssen.
Weil – unser Blick war immer mehr nach vorn als nach hinten gerichtet.
Was war, das war. Punkt. Fehlersuche, um es beim nächsten Mal besser machen zu können, war für uns wichtiger, als uns auf die eigene Schulter zu klopfen. Das Neue, noch vor uns Liegende war immer spannender als das Gewesene.
Aber schön ist es doch, den Blick auf einen Teil Galeriegeschichte werfen zu können, die man knapp anderthalb Jahrzehnte selbst mitschreiben durfte. Danke Christian, danke Daniel, danke Dr. Oehler!
Dafür danke ich, der Streitberger, auch „meinem“ Fürstenwalde, seinen Stadtverordneten und seiner Stadtverwaltung. Ich fühle mich dabei (immer noch), als hätte ich eine doppelte „Stadtsbürgerschaft“.
Genau besehen ist Fürstenwalde gar nicht so übel. Sich in Zeiten, da sich das Geld erschütternd ungehemmt zum einzig wahren Maßstab allen Tuns und Lassens aufzuschwingen droht, sich so viel Kultur ans pekuniär ohnehin schon angepisste Bein zu binden, nötigt Respekt ab.
Über 25 Jahre sozio-kulturelles Zentrum Fürstenwalder Kulturfabrik,
40 Jahre einer Fürstenwalder Galerie für bildende Kunst,
50 Jahre Fürstenwalder Musikzyklus (das ist – für die, die ihn nicht kennen – DIE Konzertreihe für klassische Musik),
das ist zwar wenig im Vergleich mit 99 Jahre Fußballverein in Fürstenwalde oder 125 Jahr Ruderclub Fürstenwalde, aber dafür handelt es sich bei Konzertreihe und Galerie auch bloß um den Appendix „Kunst und Kultur“.
Es fand ja nie eine richtige Schlüsselübergabe zwischen uns und dem Nachfolgerteam statt, bei der man offiziell mit gewichtigen Worten und angemessenen Gaben die eigene Verantwortung aus den müden Händen in die jungen und putzmunteren der Nachfolger hätte legen können. Deshalb wollen wir, Chefin und ich, die Gelegenheit heute nutzen, das nachzuholen:
Christian, Daniel,
bildet euch bloß nicht ein, dass dieser Job immer Spaß machen wird!
Aber ich kann euch versprechen, der Job wird auch Spaß machen. Meistens.
Aber er lässt sich nicht en passant erledigen. Ihr habt uns gegenüber den großen Vorteil, euch vorzugsweise allein auf die Galeriearbeit konzentrieren zu können. Unser Betreibermodell gab, wie ihr wisst, das so nicht her. Damit steigen natürlich auch die Erwartungen an euch und eure Arbeit.
Galerie ist nicht gleich Galerie und somit ist Galerist auch nicht gleich Galerist – und darin liegt eure spezielle Krux: Ihr seid hier auf diesem Platz zuvörderst Dienstleister. Nicht Künstler. Hütet euch, euren persönlichen Kunstgeschmack, eure persönliche Kunstauffassung bei der Auswahl der Ausstellenden Oberhand gewinnen zu lassen! Gerade auf dem Gebiet der Beurteilung von Werken der bildenden Kunst liegen Kompetenz und Arroganz ganz furchtbar dicht beieinander. Es ist nicht leicht, Blender und Scharlatane von Kunstschaffenden mit ehrlichem Anspruch zu unterscheiden. Aber genau das müsst ihr schaffen, auseinanderzuhalten. Dann seid ihr gute Galeristen in einer Galerie, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.
Und: Kunstwerke, geschaffen von Freizeit, Kunst und Lebensfreude sind nicht weniger ausstellungswürdig als die, geschaffen von Schall und Rauch.
Die heutige Ausstellung lässt mich optimistisch in die Zukunft blicken.
Das habt ihr gut gemacht!
Werner Menzel
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