Es wäre ein spannendes Werk gewesen

An dieser Stelle sollte die Einladung erfolgen: Passionskonzert der St. Marienkantorei erklingt am Sonntag, 5. April in der St. Marienkirche Beeskow. Doch nein, bleiben Sie zu Hause! Das versteht sich heute hoffentlich von selbst. Zugegebenermaßen, es wäre ein spannendes Werk gewesen, das durch zahlreiche Einzel- und Gesamtchorproben bereits in Vorbereitung gewesen ist: „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ von Carl Loewe. Loewe ist vor allem als Balladendichter bekannt. Konzertbesucher kennen von ihm „Die Uhr“. Diese Ballade beschreibt die Lebenszeit und den Gedanken, dass alles Leben geschenktes Leben ist.

Auf dem Schreibtisch liegen die frisch gedruckten Plakate. Die Briefumschläge für die Verteilung sind vorbereitet. Ein gewisses Unbehagen, ob der Druckauftrag rausgehen sollte, lag schon in der Luft. Aber noch war abwarten angesagt. Einen Tag später fiel dann die Entscheidung, das Konzert nicht stattfinden zu lassen, so wie viele Kulturveranstaltungen in Stadt und Landkreis.
In seinem Passionsoratorium zieht Loewe alle Register romantischer Tonsprache. Zwar fast vollständig nur mit Streichern besetzt, drücken sie starke Gefühle aus. Vom lamentierenden Streicherklang bis zum Fortissimo rhythmisierender Töne vermag Carl Loewe das Passionsgeschehen auszudrücken. Lediglich zur Schilderung des Erdbebens besetzt Loewe Pauken, um der Dramatik noch aufzuhelfen.

Die Herausforderung für die Kantorei lag in der nur kurzen vorhandenen Zeit von Januar bis April, um die vielen Chöre und Choräle einzustudieren. Vor allem zwei große Chorfugen galt es zu bewältigen. Und eine ganze Reihe Männerchöre, die das Werk dramatisch und spannend machen, komponierte Carl Loewe in diesem Stück. Dazu wurden die Sänger der Kantorei mit Gästen und Sangesbrüdern aus dem Männerchor aufgestockt. Nun finden Chorproben bereits seit drei Wochen nicht mehr statt. Aber dafür gibt es regelmäßige Telefonate untereinander, Mail- oder WhatsApp-Nachrichten. Hilfe beim Einkaufen oder einfach die Frage, ob es dem anderen gut geht. Hier zeigt sich die Stärke einer guten Gemeinschaft. Einige Chormitglieder hören sich das Werk auf Youtube an oder lesen sich Text und Noten ihrer Stimme durch.

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Das Libretto von Wilhelm Telschow benutzt als Grundlage die Evangelientexte der Lutherbibel. In vereinfachter Sprache und erweiterter freier Dichtung bereitet der Autor das Geschehen zum Mitempfinden für die Hörer auf. Lediglich die Worte Jesu bleiben unangetastet. Ein Musikwissenschaftler beschrieb Carl Loewes Passionsoratorium „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ als „weitumfassendes kirchlich-volkstümliches Kunstwerk“.
Nun ist die Partitur erst einmal zugeklappt und in das Notenregal zurückgelegt. Man mag traurig sein, dass das Werk nicht am kommenden Sonntag erklingt. Doch schon sind alle Vorbereitungen getroffen, dass Passionsoratorium von Carl Loewe ein Jahr später erklingen zu lassen. Die Solisten Cornelia Wosnitza, Kerstin Domrös, Johannes Hoppe, Georg Witt und das Neue Kammerorchester Potsdam haben dafür ihre Zusage gegeben. Die Sängerinnen und Sänger der St. Marienkantorei freuen sich dann, doch nicht vergebens dieses spannende Werk einstudiert zu haben.

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