16. Sitzung des Kreistages Oder-Spree
Sehr geehrter Herr Landrat,
mit großer Enttäuschung musste ich den Beschluss zum Dringlichkeitsantrag der Linken für die Unterstützung der Tafeln im Landkreis Oder-Spree zur Kenntnis nehmen. Der Dringlichkeitsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Das ist im höchsten Maße unverständlich. Gerade die Tafeln (4) der GefAS im Landkreis Oder-Spree sind es, die ganz wesentlich der Armut eines großen Teils der Bevölkerung entgegenwirken.
Derzeit werden durch die GefAS ca. 12.000 Kinder, Erwachsene und Alte monatlich durch die Tafel ergänzend mit Lebensmitteln versorgt. Wir mussten nicht nur die hohen Belastungen ab 2013 mit der Asylwelle meistern, wir sind jetzt wieder veranlasst, mit den ukrainischen Flüchtlingen eine zusätzlich hohe Anzahl von Personen ergänzend mit Lebensmitteln zu versorgen. Die über die Tafeln versorgten Menschen befinden sich nicht nur in materiellen Schwierigkeiten, dass dürfte Ihnen bewusst sein.
Wie die gesamte Bevölkerung und Betriebe durch Energie- und Spritkosten außerordentlich belastet ist, schlägt sich das natürlich im hohen Maße auf unsere sozialen Aktivitäten nieder. Täglich, ja täglich sind 9 Fahrzeuge unterwegs, um Lebensmittel aus einem Umkreis von 100 Kilometern heranzufahren und um alten und behinderten Menschen ein warmes Mittagessen auf den Tisch zu stellen.
Wir sind kräftemäßig und finanziell am Limit!
In dieser Situation schickt das Jobcenter Emisiere rum, die auskundschaften sollen, wie es den Tafeln geht. Nun sprechen diese Leute nicht die verantwortlichen Vorstände, Geschäftsführer oder Projektleiter der Tafel an, sondern erkundigen sich bei ehrenamtlichen Beschäftigten, die vielleicht nur einen halben Tag in der Tafel sind, wie es um die Tafeln steht. Eine realistische Antwort hätten sie sich sicher von den verantwortlichen Personen erhalten.
Mit den „Erkenntnissen“, die mir fragmentweise bekannt sind, gehen Sie und die Dezernentin manipulativ in der oben erwähnten Kreistagssitzung auf die Abgeordneten zu und sagen ihnen, dass es keine Bedarfe bei den Tafeln gibt. Dieses Vorgehen ist uns auch aus anderen Themen der Armutsbekämpfung, wie Obdachlosenbekämpfung und der Schuldnerberatung bekannt.
Vielleicht haben Sie aus der Presse oder dem Fernsehen entnommen, dass die Tafeln in Deutschland und speziell im Landkreis Oder-Spree (da sie keine Unterstützung erhalten) in höchster Not sind, aber Außerordentliches leisten, um nicht nur Migranten und Asylbewerbern, sondern eine Vielzahl deutscher Bürger ergänzend mit Lebensmitteln zu versorgen. Für viele dieser genannten Personen ist mittlerweile die Nutzung der Tafeln lebensnotwendig geworden. Unser nächster Armutsbericht wird das verdeutlichen.
Da es auf dem üblichen Verwaltungsweg und über den parlamentarischen Weg nicht möglich ist, eine regelmäßige Unterstützung für die Tafeln vom Landkreis zu erhalten, beantrage ich hiermit öffentlich, für jede Tafel im Landkreis eine finanzielle Zuwendung von 15.000,00 Euro. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, wäre aber eine wichtige und notwendige Soforthilfe.
Über das verwaltungsmäßige Vorgehen, zum Erlangen von Informationen über gesellschaftlich prekäre Situationen, will ich in Ihre Geschäftstätigkeit nicht reinreden. Dennoch kann man die gewählten Abgeordneten auch nicht davon freisprechen, sich um die Lebenssituation der Menschen, die sie gewählt haben, zu kümmern. Anträge für die Finanzierung sozialer Aufgaben wurden leider im Landkreis Oder-Spree in jüngster Vergangenheit immer wieder abgelehnt. Ich gehe davon aus, dass ich auf meinen offenen Brief wenigstens eine Antwort erhalte.
Dipl.-Jurist Siegfried Unger
Vorstand der GefAS