Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen
Der Bund wird künftig Planung, Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung der 13.000 Kilometer Autobahnen in Deutschland übernehmen — zentral organisiert und regional aufgestellt. Dazu werden eine Infrastrukturgesellschaft und eine neue Bundesoberbehörde gegründet. Es ist die größte Reform in der Geschichte der Autobahnen.
Die „Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen“ (IGA) soll ab dem 1. Januar 2021 ihre Aufgaben vollumfänglich aufnehmen. Alleiniger Gesellschafter ist der Bund, vertreten durch das Bundesverkehrsministerium (BMVI). Zudem wird eine neue Bundesoberbehörde, das Fernstraßen-Bundesamt (FBA), zum 1. Oktober 2018 gegründet. Sie wird zum Geschäftsbereich des BMVI gehören.
Status-quo: Zuständigkeit für Autobahnen
Derzeit werden die Autobahnen im Auftrag des Bundes von den Ländern verwaltet. Der Bund stellt also das Geld zur Verfügung, aber die Länder planen, bauen und betreiben die Autobahnen. Der Bund hat dabei wenig Einfluss darauf, wie schnell die Länder mit den Planungen für bestimmte Projekte vorankommen. Ziel der Reform ist es, das Bundesfernstraßennetz als Gesamtheit zu betrachten und effizienter zu verwalten als bisher. Das Geld des Bundes soll schnell und unmittelbar dort landen, wo es am dringendsten benötigt wird.
Bund-Länder-Finanzbeziehungen erfordern Neuregelung
Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben am 14. Oktober 2016 Eckpunkte beschlossen, mit denen die Finanzbeziehungen und der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom Jahr 2020 an neu geregelt werden sollen. Anlass war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999, in dem der bisherige Finanzausgleich nur noch bis zum Jahr 2019 für zulässig erklärt wurde.
In den Eckpunkten für eine Reform verständigten sich die Regierungschefs von Bund und Ländern unter anderem darauf, dass der Bund vom 1. Januar 2021 den Bau, Ausbau und den Erhalt der Autobahnen übernimmt. Zu diesem Zweck wurde beschlossen, eine Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen zu gründen. Der Deutsche Bundestag hat am 1. Juni 2017 in zweiter und dritter Lesung die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft und des Fernstraßen-Bundesamts beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetzespaket anschließend zugestimmt.
Welche Aufgaben wird die IGA übernehmen?
Die IGA wird laut Paragraph 3 des Bundesfernstraßengesetzes an “alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben” übernehmen. Damit ist die neu gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für Planung, Bau, Betrieb, Erhalt, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung ab Januar 2021 zuständig. Alleiniger Gesellschafter der IGA ist der Bund. Laut Grundgesetz darf er seine Gesellschaftsanteile auch nicht verkaufen. In der Gesellschafterversammlung wird der Bund durch das BMVI vertreten. Die Zentrale befindet sich in Berlin. Zudem wird es zehn Niederlassungen geben, die sich im gesamten Bundesgebiet verteilen. Den Niederlassungen werden 30 dauerhafte sowie elf temporäre Außenstellen zur Betreuung laufender Projekte zugeordnet. Vorgesehen sind des Weiteren mindestens 185 Betriebsdienst-Standorte, 42 Fernmeldemeistereien sowie Verkehrs- und Tunnelleitzentralen.
Welche Aufgaben hat das Fernstraßen-Bundesamt?
Zu den Hauptaufgaben des FBA wird von 2021 gehören, dass sie als Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde in Planfeststellungsverfahren für Autobahnprojekte zuständig ist. Der Hauptsitz wird in Leipzig sein. Zudem wird das Fernstraßen-Bundesamt (FBA) bis zu vier weitere Standorte haben. Drei davon stehen bereits fest: Bonn, Gießen und Hannover.
Kann die IGA bundesweit über Bauprojekte entscheiden?
Die IGA kann nicht nach Belieben Autobahnen bauen oder sanieren. Sie ist dabei – wie bisher die Auftragsverwaltungen auch – an den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebunden, mit dem der Bund den Bundesverkehrswegeplan gesetzlich verankert. Der Bedarfsplan ist eine Anlage des „Gesetzes über den Ausbau für die Bundesfernstraßen“ und damit Grundlage für die Planung, Priorisierung und den Bau der Bundesfernstraßen.
Wie finanziert sich die IGA?
Die IGA erhält die Einnahmen aus der Lkw- und später auch aus der Pkw-Maut für Autobahnen zweckgebunden über den Bundeshaushalt: Geld, das auf der Straße eingenommen wird, wird auch wieder in die Straße investiert. Gegebenenfalls wird die IGA weitere Mittel aus dem Haushalt erhalten. Kredite am Markt darf sie nicht aufnehmen.
Verlieren die Länder jegliche Zuständigkeit für Bundesstraßen?
Nein. Für die Bundesstraßen bleibt es bei der Auftragsverwaltung durch die Länder. Das heißt: Die Länder werden die Bundesstraßen weiterhin im Auftrag des Bundes planen, bauen, betreiben und erhalten. Der Bund wird weiterhin die Zweckausgaben für diese Straßen tragen. Auf Antrag eines Landes können allerdings die Bundesstraßen, die im Gebiet dieses Landes liegen, auch in Bundesverwaltung übergehen und lägen dann im Zuständigkeitsbereich der IGA und des FBA.
Sind öffentlich-private Partnerschaften weiterhin möglich?
Ja. Private dürfen allerdings bei Planung, Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung von Autobahnen oder sonstigen Bundesfernstraßen nur einbezogen werden, wenn sich der Vertrag auf einzelne Vorhaben mit einem Gesamtumfang von bis zu 100 Kilometern erstreckt. Mehrere Vorhaben dürfen nicht miteinander verbunden werden. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von ÖPP-Projekten, die das gesamte Autobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen, ist ausgeschlossen.
Was bedeutet die Reform für die Beschäftigten der Länder?
Gemeinsam mit den Ländern wird in der Übergangszeit verstärkt auf die Belange der 15.000 Beschäftigten geachtet. Die Beschäftigten der Länder, die bisher für Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung der Autobahnen zuständig waren, sollen die gleichen Aufgaben in den neuen Strukturen beim FBA und bei der IGA fortführen. Das Standortkonzept wurde extra so gestaltet, dass ihr weiterer Einsatz grundsätzlich am bisherigen Arbeitsplatz und Arbeitsort erfolgen kann.
Quelle: Jens Koeppen CDU MdB