Sebastian Walter, Co-Vorsitzender der Linken
Das war doch mal ein schönes Sommer-Interview mit einem politisch engagierten jungen Mann, der durchblicken ließ, nicht auf den festgefahrenden Pfaden des politischen Klientels allerorten wandeln zu wollen. Man könnte sagen, er hat die Zeichen der Zeit erkannt. Endlich mal einer, der nicht nur mit Phrasen um sich wirft, denn das hätte nur bedeutet, dass man sicherlich nach dem zweiten Satz abgeschaltet hätte. Wir brauchen die Jugend – und zwar nicht die, die nur alles besser weiß, sondern vor allem diejenigen, die sich mit aktuellen Themen auseinandersetzen wollen. Ideen mitzubringen ist genauso wichtig und zeugt vom Willen und Mut zur Veränderung, dazu gehört auch immer die Diskussion und das Herbeiführen von Lösungen.
Sebastian Walter, Co-Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Landtag Brandenburg, ist angetreten, sich wie im Landkreis Barnim auch um den Landkreis Oder-Spree zu kümmern. Einmal im Monat wird ein Tag generalstabsmäßig durchgeplant für unseren Landkreis Oder-Spree. Im April 1990 geboren, hat er die Wirren der ausgehenden DDR nicht wissentlich mitbekommen, aber die Eltern und das Umfeld haben ihn geprägt in all seinen Facetten. Leistung war für ihn immer schon zielführend, das zeigte sich bereits früh in seinem sportlichen Ehrgeiz als Schwimmer und dann später auch als Rettungsschwimmer. Beides hat auch etwas mit seiner Lebensauffassung zu tun, wie sich beim Weiterlesen noch herausstellen wird. Schon mit 14 ist Sebastian Walter den Linken beigetreten und hat seine Freunde gleich mit begeistert. 30 an der Zahl waren sie in der Jugendorganisation und Freunde sind sie noch heute. Abitur, Lehramt-Studium, das Jobben während des Studiums und seine Tätigkeit im Deutschen Gewerkschaftsbund formten ihn weiter fürs Leben. Streiten für eine gute Sache – das ist sein Credo. Bis 2019 war er DGB-Gewerkschaftssekretär und Regionalgeschäftsführer in und für Ostbrandenburg. Er erzählte von seiner Arbeit als junger Gewerkschaftssekretär und wie schwer es war, die Mitglieder zu motivieren, für ihr Recht einzustehen. Dabei bewunderte er die Mitarbeiter vieler neuentstandener Firmen, die nun einen Job hatten, aber dabei ausgebeutet wurden und mit weniger in der Lohntüte auskommen mussten als die Menschen im anderen Landesteil. Sie zu überzeugen, war nicht das schwerste, aber zusammen für die Sache zu kämpfen schon. Denn wie überall, bedeutet Jobverlust ist die Bedrohung der Existenz. „Und wenn du es erst einmal geschafft hast, die Menschen zu mobilisieren, und sie verstehen, dass die Gewerkschaft für einen gewaltigen Gegenpol sorgt, dann ist es ein Erfolg für alle!“, erzählt Sebastian Walter voller Begeisterung. Darum sei es ihm wichtig, das Erlebte mit den Herausforderungen der Neuzeit zu verbinden. Den Kontakt zu seiner Gewerkschaft und den Menschen darin zu pflegen, ist – auch wenn es mal spät wird – ein Muss. Mit der Pandemie änderte sich viel, er stritt für die Solo-Selbstständigen, obwohl die Landesregierung da doch sehr gefühlskalt reagierte. Er habe ein Jahr lang bei jeder Landtagssitzung einen Antrag gestellt für ein „Unternehmer-Grundeinkommen“, was dann so immer abgetan wurde. Aus den Anfängen der Pandemie zitierte er die Aussagen von Dietmar Woidke und Jörg Steinbach: „Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen und Geld darf dabei keine Rolle spielen.“ Kurze Zeit später sagte der Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg: „Die Solos sollen halt Hartz IV beantragen, wir können das Geld nicht zum Fenster rausschmeißen.“ Hallo? Da sei ihm die Hutschnur geplatzt. Wie kann man den Unternehmern, die hier viel bewegen, erst suggerieren, dass man das alles gemeinsam durchsteht und sie dann vor dem Kopf stoßen?! Die Pandemie ist eine allumfassende Krise, die in alle Bereiche des Lebens eindringt, besonders auf der Vertrauensebene. „Wir sind angetreten, das Vertrauen der Wähler, was ja das höchste Gut ist, nicht zu missbrauchen, sie gut zu vertreten – und das ist nicht leicht daher gesagte Phrase! In brenzligen Situationen haben wir die Pflicht, das Menschenmögliche zu tun, um zu helfen“, verspricht der junge Politiker. Er zeigt nicht gern auf andere, aber wenn man von einem sozialdemokratischen Politiker hört, dass der Unternehmer selbst schuld sei und nicht ordentlich gewirtschaftet habe, wenn er sein Unternehmen keine drei Monate am Leben erhalten könne, dass man dann davon ausgehen könne, dass dieser noch nie für seine Idee gebrannt habe. „Das ist doch wie ein Schlag ins Gesicht!“, empört sich Sebastian Walter. Er brauche sich ja auch keine Sorgen zu machen, er bekäme sein Geld, so oder so – und zwar in Größenordnungen! Solche Aussagen gehen ihm, dem jungen Politiker, der beide Seiten kennt, sehr nahe. Er ist dafür angetreten, etwas zu ändern. Das Thema Tesla hat er ebenfalls auf seiner Agenda. Natürlich ist es für das seit 30 Jahren gebeutelte Land Brandenburg existenziell und eine super Chance, hier einen Industriestandort mit Zukunft zu schaffen, nur in geordneten Bahnen sollte diese schon verlaufen. Die Euphorie ist längst der Ernsthaftigkeit gewichen, alle reden über die Chancen und niemand kümmert sich um die Risiken. Die Wasserfrage ist bis heute nicht geklärt. Man muss aufpassen, dass wir mit Tesla nicht in alte Riten zurückfallen, wie einst nach der Wende im wilden Osten. Alles durchgehen lassen, um dann wohlmöglich wieder dumm dazustehen. Er würde sich wünschen, dass man hier eine klarere Kante zieht für die Zukunft und Fragen schon jetzt klärt. Die Politik ist dafür verantwortlich. Infrastruktur, Wasserfrage, Umwelt, Arbeitsplätze mit ordentlichen Tarifverträgen, Transparenz. Und warum muss man dem drittreichsten Mann der Welt 50 Mio. Euro Zuschuss dafür zahlen, dass der Bahnhof Fangschleuse näher ans Tesla-Gelände versetzt wird? Vorsichtigen Schätzungen zufolge werden wohl an Zuschüssen insgesamt 1,5 Mrd. Euro fließen. Energie ist eines der Schlüsselworte der Zeit, besonders der grüne Wasserstoff wird in der Zukunft eine Schlüsselposition einnehmen. Mit ihm lässt sich viel erreichen, ist sich Sebastian Walter sicher. Dazu die Windkraft-und Solaranlagen, die in Brandenburg überproportional vorhanden sind und so viel Strom produzieren, dass dieser nicht komplett ins Netz eingespeist werden kann. Mit dem Überschuss des grünen Stroms kann man aber grünen Wasserstoff herstellen und damit Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung in Brandenburg verorten. Vorstellen könnte man sich bei der Schaffung der neuen Industrie „Grüner Wasserstoff“ dies in staatliche Hände zu geben. Der Direktkandidat für den Bundestag im Wahlkreis 63 und Kreisvorsitzender der Linken in Frankfurt (Oder), Stefan Kunath, war ebenfalls bei unserem Gespräch dabei, aber der zeitliche Rahmen hat nicht gepasst, darum folgt in Kürze auch mit ihm ein Sommer-Interview. |