VW setzt in Afrika auf Ruanda: neue Produktionsstätte und neuartige Mobilitätsangebote
Wer heute in Ruandas Hauptstadt Kigali mobil sein möchte, sucht sich ein Sammeltaxi oder ein Motorrad-Taxi. Eine Alternative ist der Bus, wenn gerade einer kommt. Allerdings bilden sich regelmäßig lange Schlangen. Ein eigenes Auto besitzen bisher nur die wenigsten Menschen in der Millionen-Metropole. Die individuelle Mobilität steckt in Ruanda noch in den Kinderschuhen. Zudem hat das zwölf-Millionen-Einwohner-Land bislang auch keinerlei etablierte Automobilindustrie.
Am Mittwoch hat Volkswagen sein Mobilitätskonzept, in Kigali gestartet, für die Menschen ist das ein großer Schritt in Richtung Zukunft. Auch für Volkswagen ist das Projekt ein wichtiger Schritt – bei der Erprobung neuer Geschäftsmodelle und der Erschließung neuer Märkte in Afrika.
Auf den Weg gebracht wurde das Projekt bereits im Jahr 2016. Damals verständigten sich Hon. Francis Gatare, Direktor des Rwanda Development Board, und Thomas Schäfer, CEO der Volkswagen Group South Africa, im Beisein von Ruandas Präsident Paul Kagame und Volkswagens Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess. „In Ruanda bringen wir eine Idee auf den Weg, mit der wir in diesem aufstrebenden Land individuelle Mobilität fördern und den Markt zu einer weiteren Säule unseres Engagements in Afrika machen“, sagte Thomas Schäfer im Anschluss an die Gespräche in Kigali.
Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess, Ruandas Präsident Paul Kagame und Thomas Schäfer, Vorstand von Volkswagen South Africa.
Volkswagen setzt auf Partner in Afrika
Nun wird die damals gefasste Absicht Realität. Dabei geht die Marke in Ruanda neue Wege: Sie startet nicht einfach nur mit einem Werk, sondern mit einem Gesamtpaket aus lokaler Fertigung, Vertriebszentrum, Qualifizierung der Mitarbeiter und modernen und flexiblen Mobilitätsdiensten wie Carsharing. Nicht ohne Stolz sprechen sie in Ruanda deshalb von Afrikas erstem integriertem Mobilitätskonzept.
In den vergangenen 18 Monaten hat Volkswagen das Geschäft in Kigali quasi aus dem Nichts aufgebaut. Die Marke setzt ganz bewusst auf das Know-how von Partnern aus der Region, denn die wissen am besten, was die Menschen dort brauchen und erwarten. Vom Vertrieb bis zur Software-Entwicklung – bei all diesen Themen arbeitet Volkswagen mit afrikanischen Unternehmen zusammen.
Ruanda gilt als Musterschüler
Die allermeisten Menschen verbinden Afrika immer noch und vor allem mit Problemen. Dabei hat der Kontinent das Potenzial zum Chancenmarkt der Zukunft zu werden. Alleine in den 49 Staaten südlich der Sahara leben insgesamt etwa 920 Millionen Menschen. Bis 2050 könnte sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Gleichzeitig prognostizieren die Experten für die kommenden Jahre ein deutlich steigendes Pro-Kopf-Einkommen.
Die junge Bevölkerung in Afrika (Durchschnittsalter 19 Jahre) will vorankommen und etwas aufbauen. Auch der Bedarf an individueller Mobilität ist riesig: Während in Deutschland rund 670 Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner kommen, sind es im Afrika südlich der Sahara gerade einmal 30 Fahrzeuge. Das Potenzial ist also groß und die afrikanischen Staaten scheinen gewillt, dieses Potenzial auszuschöpfen. So haben 44 Staaten im April das „Africa Free Trade Agreement“ unterzeichnet. Damit entsteht eine gewaltige Freihandelszone. Eine wichtige Weichenstellung auf dem Weg zu mehr Wachstum und Entwicklung.
Ruanda ist gewissermaßen der Musterschüler unter den aufstrebenden afrikanischen Staaten. Zwar gehört das Land, das Mitte der 90er-Jahre einen Bürgerkrieg mit furchtbaren Gräueltaten erlebte, noch immer zu den ärmsten der Welt. Doch das Wirtschaftswachstum liegt seit Jahren bei rund sieben Prozent. Die politischen Verhältnisse sind vielversprechend stabil. Die Regierung von Präsident Paul Kagame geht mit Nachdruck gegen Korruption vor und hat eine ambitionierte Innovations-Strategie für die kommenden Jahrzehnte erarbeitet.
Das Straßennetz ist gut ausgebaut und wird laufend verbessert. Statistisch gesehen verfügen etwa drei Viertel aller Einwohner über ein Mobiltelefon. Die Nutzung des Internets läuft also in erster Linie über mobile Endgeräte. Vor allem in der Hauptstadt Kigali leben junge und gut ausgebildete Menschen. Sie hat sich zu einem Startup-Zentrum in der Region entwickelt. Die Menschen in Ruanda sind fest entschlossen, ihr Land zum Innovations-Führer in Afrika zu machen.
Nachhaltiges Wachstum in Afrika
Volkswagen will die Chancen in Afrika nutzen und sein Engagement deutlich ausbauen. Neben Ruanda ist der Automobilhersteller bereits in Südafrika, Kenia, Nigeria und Algerien vertreten. Vorangetrieben wird die Sub-Sahara-Strategie dabei von Volkswagen South Africa. Langfristig will man eine führende Rolle bei der Entwicklung der Automobilindustrie auf dem Kontinent übernehmen.
Die Menschen in der Region werden davon sicher profitieren. So beinhaltet das Volkswagen Engagement in Ruanda neben Arbeitsplätzen in der Produktion, im Service und im Management auch ein umfangreiches Qualifizierungsangebot. Dafür wird gemeinsam mit weiteren deutschen Unternehmen eine Kooperation zum Aufbau einer Technischen Akademie erörtert. Langfristig sollen damit Beschäftigung, Wissenstransfer und nachhaltiges Wachstum gefördert werden.
Die deutsche Bundesregierung hat mit ihrem „Marshallplan mit Afrika“ zu einem stärkeren Einsatz der Wirtschaft in der Region aufgerufen. Mit dem Engagement in Ruanda gehört Volkswagen zu den ersten Unternehmen, die diesem Aufruf folgen.