Patientenversorgung in Gefahr
Gewöhnlich können Patienten nach einem Arztbesuch direkt in die Apotheke gehen und dort ihre Arzneimittel erhalten. Doch nun hören sie dort immer häufiger von Problemen und bekommen ihre dringend benötigten Arzneimittel eben nicht wie gewohnt schnellst möglich ausgehändigt. Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, betont, wir Apotheken erscheinen dadurch nicht nur unfähig, sondern die Patienten werden auch nicht umgehend versorgt und müssen doppelte Wege auf sich nehmen. Dieser Umstand gefährdet die Versorgungssicherheit der Patienten.
Der von der gematik eigens für auftretende Störungen eingerichtete Whatsapp-Kanal weist inzwischen mehrfach täglich auf Einschränkungen der Telematikinfrastruktur (TI) hin, die durch technische Beeinträchtigungen verschiedener Anbieter verursacht sind. Pro Stunde sind so bis zu 200.000 E-Rezepte nicht einlösbar, was eine beträchtliche Anzahl von Patienten betrifft und erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung hat. Da das E-Rezept nicht, wie oft angenommen, auf der Versichertenkarte gespeichert, sondern auf einem Server hinterlegt wird und durch die Karte dort abrufbar ist, kann die Apotheke bei einem Serverausfall die Daten nicht auslesen und die Patienten somit nicht versorgen.
Die Apotheken haben in den letzten Jahren ihre Arbeitsprozesse nahezu vollständig digitalisiert, um die Abläufe zu vereinfachen und mehr Zeit für die Patientenversorgung zu gewinnen. Bereits seit September 2022 sind Apotheken technisch bereit, E-Rezepte zu beliefern. Jedoch ist das vom Bundesgesundheitsministerium und der gematik aufgebaute E-Rezept-Projekt von Unzulänglichkeiten und regelmäßigen Ausfällen geprägt, was die Effizienz der Apotheken und (Zahn-)Arztpraxen stark beeinträchtigt und dazu führt, dass Patienten oft unnötig lange warten müssen, bis ihre Rezepte verordnet, vom behandelnden Arzt signiert und durch die Apotheken beliefert werden können.
Die Einführung des E-Rezepts sollte eigentlich die Versorgung der Patienten erleichtern, jedoch führt sie für viele zu Komplikationen. Früher erhielt man ein Rezept als Papierausdruck in der Arztpraxis, konnte telefonisch in der Apotheke vorbestellen und später abholen. Jetzt bleibt man in der Praxis erst einmal ohne konkrete Information zurück und muss sich in der Apotheke überraschen lassen.
Dieses Verfahren führt dazu, dass viele Menschen ihre Rezepte vergessen, da sie sie nie zu Gesicht bekommen, und somit auch ihre Medikamente womöglich nicht mehr einnehmen. Wenn die Medikamente tatsächlich aufgebraucht sind, ist die Erinnerung kaum möglich. War das Rezept überhaupt verordnet oder nur nicht abrufbar, oder war das Arzneimittel nicht lieferbar?
Dadurch wird jedoch die Qualität der Arzneimittelversorgung extrem eingeschränkt, erläutert Dobbert.
Das Bundesgesundheitsministerium reagiert nicht auf die Forderung, das Experiment E-Rezept zu stoppen, bis das System fehlerfrei funktioniert. Eine transparente Kommunikation über die Ursachen der Ausfälle sowie eine Besinnung auf die Bedürfnisse der Patientenversorgung gibt es auch nicht.
„Die Digitalisierung im Gesundheitswesen muss zwingend technisch zuverlässig und ein gesichertes Datenschutzniveau gewährleistet sein. Andernfalls fungiert die gesamte Bevölkerung als Versuchsobjekt mit ungewissem Ausgang“, so Dobbert.