Erprobt medizinische Versorgung durch spezialisierte Pflegefachkräfte
In Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern startet das Innovationsfondsprojekt ErwiN, das die medizinische Versorgung von zunehmend älteren, chronisch kranken Menschen im häuslichen Umfeld verbessern soll. ErwiN steht für Erweiterte Übertragung von arztentlastenden Tätigkeiten in Arzt-Netzen. Neun erfahrene Pflegefachkräfte, die zurzeit an der Universitätsmedizin Greifswald eine umfangreiche Zusatzausbildung in den Bereichen Schmerz, Hypertonie sowie Ernährung und Ausscheidung erhalten, übernehmen Hausbesuche und Behandlung von bereits diagnostizierten Erkrankungen in enger Abstimmung mit den versorgenden Ärzten.
Über Videosprechstunden können Ärzte bei Bedarf hinzugezogen werden. Geringere ärztliche Kapazitäten, insbesondere in ländlichen Regionen, stehen in der Zukunft immer mehr Patientinnen und Patienten mit komplexen Erkrankungen gegenüber. Gleichzeitig wünschen sich Pflegefachkräfte in Deutschland mehr Kompetenzen, so wie es in anderen Ländern bereits der Fall ist. Diese beiden Entwicklungen wollen die Partner des Projektes zum Wohl der Patientenversorgung in der Zukunft mitgestalten.
Das deutsche Gesundheitswesen steht vor enormen Herausforderungen. Bis zum Jahr 2040 wird laut Statistischem Bundesamt die Anzahl der Menschen über 67 Jahre um rund 5,2 Mio. ansteigen. Viele von ihnen werden chronisch krank oder multimorbid sein und eine kontinuierliche medizinische Betreuung benötigen. Dabei gibt es schon heute in vielen Regionen zu wenig Haus- und Facharztpraxen. Das Bundesgesundheitsministerium legte in Anlehnung an die Praxis in anderen Ländern im Dezember 2023 Eckpunkte für ein Pflegekompetenzgesetz vor.
Im Mittelpunkt steht die große Mehrheit der Pflegekräfte, nämlich examinierte Pflegefachkräfte mit dreijähriger Ausbildung. Mit dem Einsatz von spezialisierten Pflegefachpersonen in der direkten Versorgung sind die Beteiligten im Projekt ErwiN der gesetzgeberischen Entwicklung voraus. Sie erproben nun über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren die Übernahme von ärztlichen Aufgaben, die außerhalb von genehmigten Projekten bislang nicht möglich ist.
Sehr gute Erfahrungen mit solchen Versorgungsformen machen u. a die skandinavischen Länder seit Jahren. Der Erfolg von ErwiN wird zum Projektende daran gemessen, ob Krankenhauseinweisungen reduziert, die Sicherheit der Arzneimitteltherapie gesteigert, Blutdruckwerte, Schmerzempfinden sowie Mangelernährung von Patientinnen und Patienten reduziert werden konnten.
Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses fördert ErwiN für eine Laufzeit von 3,5 Jahren mit rund 6,7 Mio. Euro.