Dank zweier Cochlea-Implantate

Ein Cochlea-Implantat ist ein kleines technisches Wunderwerk, das ertaubten Menschen wieder das Hören ermöglicht. Es kommt für all die Patienten in Frage, die an einer ein- oder beidseitigen Innenohrtaubheit leiden, denn es übernimmt die Funktion des Innenohres. Hans-Werner K. ist 70 Jahre alt und trägt an beiden Ohren ein Cochlea-Implantat, was ihn wieder am Leben teilhaben und die natürliche Klangwelt erleben lässt. An einem Hörverlust leiden in Deutschland allein fast 15 Millionen Menschen. Obwohl die Symptome und Ursachen dafür sehr unterschiedlich sind, ist eines klar: Jeder Hörverlust erfordert eine differenzialdiagnostische Abklärung und individuelle Therapieeinleitung. So wie bei Hans-Werner K.: Bei ihm begann der schleichende Hörverlust bereits im elften Lebensjahr, als er einen Schädelbasisbruch durch einen schweren Fahrradunfall erlitt. Mit 19 Jahren folgte dann ein heftiges Knalltrauma, das er beim Übungsschießen für seine Jagdausbildung davontrug. Ein richtiger Jäger müsse den Knall abkönnen, hieß es damals. Einen Hörschutz trug man 1969 noch nicht.

„Nicht sehen können trennt von den Dingen, nicht hören können von den Menschen“ Immanuel Kant

Neben den Hörproblemen bekam Hans-Werner K. Mitte der achtziger Jahre zunehmend Probleme mit seiner Nase und seinen Nasennebenhöhlen. Zahlreiche Operationen folgten, um immer wieder nachwachsende Polypen zu entfernen. Da die Belüftung von Nase und Ohr nicht mehr richtig funktionierte, verlor Hans-Werner K. auch dadurch immer mehr an Gehör. „Wenn man als Physiotherapeut tätig ist, kommuniziert man viel mit den Patienten. Doch mir fiel es immer schwerer, sie zu verstehen“, berichtet er. „Allmählich forderte mich der Alltag erheblich heraus. Als Radsportler wurde es im Straßenverkehr für mich immer gefährlicher, weil ich die Fahrzeuge erst sehr spät wahrnahm. Natürlich waren dann auch nach und nach die Gespräche mit der Familie und mit Freunden für beide Seiten belastend“, fügt er hinzu.

Die Cochlea-Implantat-Versorgung ist ein Routineeingriff
Nach einem Wohnortwechsel kam Hans-Werner K. 2014 in die Ambulanz von PD Dr. med. Thomas Schrom, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Plastische Operationen, im Helios Klinikum Bad Saarow. Sein Hörvermögen lag zu dieser Zeit nur noch unter 30 Prozent und konnte mit konventionellen Hörgeräten nicht mehr ausgeglichen werden. Der HNO-Experte riet ihm zu einem Cochlea-Implantat und nach umfangreichen audiologischen Untersuchungen und einer vorbereitenden Operation erhielt Hans-Werner K. sein erstes 2015 auf der linken und sein zweites 2016 auf der rechten Seite. „Ohne die Cochlea-Implantate würde Herr K. heute gar nichts mehr hören. Nun liegt er mit seinem Hörvermögen bei fast 90 Prozent Sprachverstehen. Das ist großartig und steigert seine Lebensqualität enorm“, sagt PD Dr. med. Thomas Schrom. „Dabei ist die Operation, bei der das Implantat eingesetzt wird, ein Routineeingriff. In der Regel ist ein kurzer stationärer Aufenthalt in der Klinik erforderlich“, so der Experte.

Das neue Hören
Nach der Operation – und somit auf dem Weg zum neuen Hören – wird der Patient von Ärzten, Audiologen und Therapeuten begleitet. Im Rahmen der Nachsorge muss er das Hören erst wieder erlernen. „Meine beiden Cochlea-Implantate ersetzen ja nicht 1:1 mein menschliches Gehör. Sie sind aber ein grandioser Ersatz. Trotzdem muss man bestimmte Geräusche erst wieder neu erkennen und dabei auch erlernen, wichtige von unwichtigen zu unterscheiden“, so Hans-Werner K.

Raus aus der Isolation
Hans-Werner K. kann inzwischen das Leben wieder viel intensiver genießen. Wenn er auf der Jagd ist, freut er sich darüber, den Vögeln auf seinem Hochstand zu lauschen und das Rascheln der Blätter im Wind zu hören. Täglich ist er mit seinem Fahrrad 25 Kilometer unterwegs und kann sicher am Straßenverkehr teilnehmen. Schwierig ist für ihn derzeit die Kommunikation mit dem Mund-Nasen-Schutz. „Wenn mein Gegenüber eine Maske trägt, muss ich mich sehr konzentrieren, ihn zu verstehen“, berichtet er. Probleme hat er unter anderem auch, wenn zu viele Geräusche auf einmal auf ihn einwirken, wie zum Beispiel in einer Bahnhofshalle. „Mit diesen kleinen Einschränkungen kann ich aber gut leben. Ich bin sehr froh darüber, dass ich meine Cochlea-Implantate habe und kann wirklich nur jedem raten, sich frühzeitig bei Hörproblemen ärztlich behandeln zu lassen“, sagt er.

Bei Hörverlust frühzeitig zum Arzt
Im Alter lässt das Gehör bei fast allen Menschen nach. Bereits ab dem 40. Lebensjahr kann das Hörvermögen abnehmen. Die Entwicklung einer Schwerhörigkeit ist oft ein langsamer Prozess, der von den Betroffenen mitunter spät bemerkt und verdrängt wird. Doch das kann weitreichende Folgen haben. Menschen mit fortgeschrittenen Hörproblemen leiden öfter unter sozialer Isolation. Sie ziehen sich zurück, weil sie den Gesprächen nicht mehr folgen können. „Es ist wie ein Teufelskreis, denn schon bald gewöhnt sich das Gehirn an das geringere Hörvermögen, was einen weiteren Hörverlust beschleunigt. Außerdem können mangelnde akustische Reize und ein sozialer Rückzug eine Altersdemenz vortäuschen oder eine Altersdepression auslösen. Es ist somit äußerst wichtig, eine Schwerhörigkeit früh zu erkennen und ihr gegenzusteuern“, so PD Dr. med. Thomas Schrom.

Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat?
Cochlea-Implantate funktionieren anders als konventionelle Hörgeräte, die die Lautstärke von Geräuschen und Tönen verstärken. CI umgehen den geschädigten Teil des Ohres und stimulieren den Hörnerv direkt. Dadurch werden die Klänge klarer und Sprache kann besser verstanden werden. Ein Cochlea-Implantatsystem besteht aus einem externen Sprachprozessor und einem Innenohr-Implantat, das chirurgisch von einem HNO-Experten unter der Haut eingesetzt wird. Das Implantat enthält einen Elektrodenträger, der in die Hörschnecke (Cochlea) eingesetzt wird. Zusammen umgehen der Sprachprozessor und das Implantat den geschädigten Teil des Ohres und leiten den Schall direkt an den Hörnerv weiter.

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