Bei rechtzeitigem Handeln ist der Therapieerfolg am größten
Jeder Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der dringend in einem Zentrum (Stroke Unit) behandelt werden muss! Zumeist verstopft ein Blutgerinnsel eine Hirnarterie. Innerhalb kürzester Zeit werden die Hirnzellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und sterben ab. Doch was tun, wenn der Schlaganfall während des Schlafs auftritt und der Zeitpunkt des Ereignisses nicht bekannt ist? Viele Betroffene können jetzt mit der kathetergestützten Schlaganfallbehandlung, der sogenannten Thrombektomie, gerettet und vor dauerhaften Behinderungen bewahrt werden.
Lange Zeit galt die Gabe von Medikamenten über eine Vene zur Auflösung des verstopfenden Blutgerinnsels als einzige ausreichend belegte Therapie in der Akutbehandlung des Schlaganfalls. Diese Therapiechance steht jedoch nur in den ersten viereinhalb Stunden nach Schlaganfallbeginn zur Verfügung. Für den Behandlungserfolg der medikamentösen Therapie ist die Größe des gefäßverschließenden Thrombus (Gerinnsel) entscheidend. Große Gerinnsel konnten mit Medikamenten meist nicht beseitigt werden und zogen oft eine dauerhafte Pflegeabhängigkeit oder den Tod nach sich.
Mit Veröffentlichung der sogenannten „MR CLEAN-Studie“ im Januar 2015 ist die seit zirka 2004 von den Anwendern gefühlte Überlegenheit der mechanischen Thrombektomie beim akuten Schlaganfall wissenschaftlich bewiesen und wird in spezialisierten Zentren – so auch im Helios Klinikum Bad Saarow erfolgreich angewandt.
„In bis zu 90 Prozent der Fälle kann bei der Thrombektomie mittels Katheter das Gefäß wieder eröffnet werden.
Unser Klinikum ist auf die Behandlung des Schlaganfalls spezialisiert und bietet mit einer modernen Angiografieanlage, entsprechenden Kathetermaterialien und der Verfügbarkeit eines interdisziplinären Ärzteteams aus erfahrenen Neurologen, Neuroradiologen, Gefäßmedizinern und Anästhesisten beste Voraussetzungen“, betont Priv.-Doz. Dr. med. Konstantin Prass, Chefarzt der Klinik für Neurologie. Seiner Klinik ist eine sogenannte Stroke Unit, eine spezialisierte Schlaganfallstation, angeschlossen. Hier kümmert sich ein interdisziplinäres Team um die gesamte Versorgung des Patienten – von der Akuttherapie über die frühe Rehabilitation bis hin zu sozialdienstlichen Leistungen. Das verbessert die Überlebenschancen enorm und kann oft Folgeschäden deutlich verhindern.
Bislang galten nach einem Schlaganfall enge Zeitlimits, in denen das gefährliche Blutgerinnsel noch entfernt werden kann. Neue Studien aber zeigen, dass auch ein später Eingriff die Behandlungschancen erheblich erhöhen kann. „Besteht bei der Akutdiagnostik mittels Computertomographie oder Magnetresonanztherapie nur eine geringe Hirnschädigung und ist ohne Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes ein ausgedehnter Hirnschaden mit entsprechend schweren körperlichen Ausfällen zu erwarten, ist eine gefäßeröffnende Therapie auch außerhalb der vorgegeben sechs Stunden-Grenze für diese Eingriffsart sinnvoll. Diese Situation haben wir beim sogenannten ‚Wake-up Stroke‘, dem Schlaganfall aus den Schlaf heraus“, sagt Dr. med. Hildegard Gräfe, Leitende Ärztin der Neuroradiologie im Helios Klinikum Bad Saarow.
Was passiert bei einer Thrombektomie?
„Spezialisierte Neuroradiologen schieben von der Leiste aus einen Katheter bis in die Hirngefäße, wo das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert und den Schlaganfall ausgelöst hat“, erklärt Dr. med. Gräfe. „Mithilfe minimalinvasiver Techniken können wir das Gerinnsel dann bergen und absaugen. Durch die Angiografie, eine spezielle Röntgentechnik, die nach Gabe von Kontrastmittel die Gefäße sichtbar macht, können wir uns im Hirn orientieren“, so die Neuroradiologin. Der Behandlungserfolg stellt sich oft sogar noch während des Eingriffs ein. „Man spricht dann vom sogenannten „Lazarus-Effekt, wenn Patienten nach der Entfernung des Gerinnsels bereits auf dem OP-Tisch wieder sprechen oder vormals gelähmte Gliedmaßen bewegen können“, fügt die Expertin hinzu.
Hannelore Franke (71) aus Bad Saarow hatte dieses große Glück. Vermutlich aus dem Schlaf heraus erlitt sie Ende Juni einen schweren Schlaganfall, wollte morgens aufstehen und brach aufgrund der halbseitigen Lähmung zusammen. Durch den schnellen Notruf ihrer Familie konnte ihr im Helios Klinikum Bad Saarow erfolgreich ein Blutgerinnsel aus einer Hirnarterie entfernt werden. Direkt nach dem Eingriff hatte sich die Lähmung nahezu völlig zurückgebildet. „Ich bin so froh und dankbar, dass ich keine Folgeschäden zurückbehalten habe“, sagt die Bad Saarowerin erleichtert.
Dr. med. Hildegard Gräfe appelliert: „Generell gilt: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall und „Zeit ist Hirn“! Bei rechtzeitigem Handeln ist der Therapieerfolg am größten. Deshalb ist beim Schlaganfall – und speziell beim Verdacht auf einen Wake-up-Stroke – eine schnellstmögliche Behandlung in einem modernen Schlaganfallzentrum wie Bad Saarow, mit allen technischen Möglichkeiten der Akutdiagnostik und einer neuroradiologischen Interventionsbereitschaft rund um die Uhr, von entscheidender Bedeutung.“
Je schneller Helfer den Patienten einer sachgerechten Versorgung zuführen, umso eher kann der Schaden minimiert werden. Beim ersten Auftreten von Symptomen eines Schlaganfalls sollte der Rettungsdienst unter der Nummer 112 alarmiert werden.