Gedenkstätte und Opferverband erinnern an Speziallagers
In der Gedenkstätte Sachsenhausen haben rund 100 Menschen, unter ihnen drei ehemals Inhaftierte sowie zahlreiche Angehörige ehemaliger Häftlinge, mit einer Gedenkveranstaltung und einer Kranzniederlegung an die Einrichtung des sowjetischen Speziallagers in Sachsenhausen vor 78 Jahren erinnert. In den Baracken des ehemaligen KZ Sachsenhausen inhaftierte die sowjetische Besatzungsmacht zwischen 1945 und 1950 rund 60.000 Menschen, von denen 12.000 aufgrund von Hunger und Krankheiten starben. Bereits am gestrigen Samstag war die neue digitale Lernanwendung Das sowjetische Netz der Repression in Brandenburg“ vorgestellt worden, die nach einer Evaluationsphase im nächsten Jahr in das Bildungsangebot der Gedenkstätte aufgenommen wird. Die stellvertretenden Gedenkstättenleiterin Astrid Ley sage in Ihrer Ansprache: „Die Haftbedingungen in dem völlig überfüllten Lager waren unmenschlich. Die Gefangenen schliefen dichtgedrängt auf blanken Holzpritschen in meist ungeheizten Baracken. Ungeziefer aller Art, vor allem Wanzen, plagten sie. Die sanitären Verhältnisse waren katastrophal, zudem fehlte es an Nahrung, Medikamenten, Kleidung. Die Folge war ein Massensterben, das 1947 seinen Höhepunkt erreichte. Fast 12.000 Häftlinge haben das Speziallager Sachsenhausen nicht überlebt, sie starben an Hunger und Krankheiten. Die Opfer wurden in Massengräbern verscharrt, ihre Angehörigen erfuhren oft erst nach Jahren quälender Ungewissheit von deren Tod. Ihr trauriges Schicksal und auch das Leid der vielen, die das Speziallager überlebten, sollen nicht vergessen sein.
Alexander Latotzky, der 1948 im Speziallager Bautzen zu Welt kam und kurz nach seiner Geburt mit seiner Mutter in das Speziallager in Sachsenhausen verlegt wurde, sagte: „Für die Lagerbürokratie existierten wir Kinder nicht. Besonders in den ersten Jahren mussten sich die Mütter ihre eigene, geringe Essensration mit dem Kind teilen. Die Mütter kauten das harte Brot vor, um es dem Kind dann mit Speichel verdünnt zuzuführen. Sie stellten aus den Textilien der Verstorbenen Windeln und Hemden her und strickten mit Fahrradspeichen aus der Wolle der Zuckersäcke Pullover und Stoffschuhe. Die erbärmlichen Hungerrationen, fehlende Windeln, Kleidung und Pflegemittel führten dazu, dass nahezu alle Kinder an Mangelerscheinungen litten. Die katastrophalen Verhältnisse boten auch immer wieder Nährboden für Infektionskrankheiten. So waren viele Kinder mit Tuberkulose infiziert, erkrankten an Typhus oder Diphtherie. Es ist wichtig, an begangenes Unrecht zu erinnern, wollen wir neues Unrecht verhindern. Ohne Hass und Verbitterung, aber mahnend. Denn mit dieser Erinnerung ist doch auch eine Mahnung verbunden. Seien wir wachsam und furchtlos und stehen wir zu unserer Demokratie, mit all ihren Fehlern und Schwächen. Lassen wir nicht zu, dass Antidemokraten wieder an die Macht kommen und mörderische Diktaturen als Fliegenschiss der Geschichte verharmlost werden.