Liebe Fürstenwalderinnen und Fürstenwalder,
was hätte 2022 hätte für ein Jahr werden können! Ein Jahr des Aufbruchs, ein Jahr der notwendigen Entscheidungen, ein Jahr mit einer großen Hypothek auf Zukunft und Zuversicht war versprochen – und ehrlich gesagt, auch dringend herbeigesehnt. Raus aus der Einsamkeit, hin zu einem mutigen Wir!
Endlich schien Corona seinen Schrecken verloren zu haben und der Weg zurück zur langersehnten Normalität weit offen. Eine neue Bundesregierung unter Olaf Scholz wollte sich nach 16 Jahren Merkel aufmachen, das Land zu modernisieren. Doch die Moderne fiel aus. Der Krieg in der Ukraine findet vor unserer Haustür statt und keiner bleibt unberührt. Die Bundesregierung verspricht die Zeitenwende und vollzieht dabei nur einen imperialistischen Rollback. Übrigens: der momentan tödlichste und brutalste Krieg findet nicht in der Ukraine statt, sondern in Äthiopien. Nach Schätzungen von Experten sind dort seit Ausbruch der Kämpfe 500.000 Menschen getötet worden – durch Waffengewalt, absichtlich herbeigeführten Hunger oder weil die medizinische Versorgung zusammengebrochen ist.
Die größten humanitären Krisen der Welt spielen sich in diesen Monaten eben nicht in Osteuropa ab, sondern in Ländern wie dem Jemen oder Somalia. Im Jemen brauchen 23 Millionen Menschen, fast drei Viertel der Bevölkerung, Nothilfe, um zu überleben. In Somalia hält die längste Dürre seit Jahrzehnten an und gefährdet das Überleben von Hunderttausenden. Auch die „Festung Europa“ verweigert weiterhin die Aufnahme von Geflüchteten und schaut kaltherzig den Ertrinkenden im Mittelmeer zu. Auch in Fürstenwalde wurde erst versucht, Sympathiepunkte auf Kosten Geflüchteter zu sammeln, und nachdem die Tennishalle abgesoffen war, war auch die Solidarität der Stadtverwaltung mit den Geflüchteten ertrunken … #
In Oder-Spree finden wir gute Gründe, im (berechtigten) bürokratischen Streit mit dem Land Brandenburg unsere Unterstützung für die Hilfesuchenden zu verlieren.
Ich weiß nicht, ob all‘ diejenigen, die hier und heute Hilfe benötigen, warten können, bis zwischen Beeskow und Potsdam alles klar ist. Und das gilt für die Landwirte in der Afrikanischen Schweinepest genauso wie für die Bus- und Taxifahrer in der Spritpreiskrise, die Händler und Handwerker in der Energiekrise … und mittendrin Kinder, Jugendliche, Alleinerziehende und Senioren, die täglich ums ganz persönliche Quäntchen Würde kämpfen müssen.
In Oder-Spree kündigt der Landrat seinen Rückzug von der Brücke an und hinterlässt einen Landkreis, der weiß, dass er sich wandeln muss – nur bisher ohne Plan. Und in Fürstenwalde fand sich keine Mehrheit, die Zukunft der Stadt ohne den Bürgermeister Rudolph zu gestalten. Fürstenwalde – zukunftslos?
Nein, 2022 war kein Jahr des Aufbruchs.
Aber für uns LINKE gibt es nur eins: Trotz alledem und alledem / Es kommt dazu, trotz alledem / Dass rings der Mensch die Bruderhand / Dem Menschen reicht, trotz alledem!“.
Das Lied Hannes Waders summend starten wir voller Mut und Lebenslust ins Jahr 2023!
Trotz alledem!
Stephan Wende
Vorsitzender der LINKEN in Fürstenwalde und ihrer Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung