Was hat sich mein Oller schon über die Stadt Fürstenwalde geärgert! Die Knöllchen, die er sich eingefangen hat, bloß weil er beim Fleischer im Rathauscenter eine Bockwurst verschlungen hat und in seiner Gier vergaß, die Parkscheibe zu stellen und zu hinterlegen. Weil, ich koche neuerdings nur noch vegetarisch. Wegen der Gesundheit. Der Einzige, dem das nicht bekommt, ist der Blutdruck von meinem Ollen, den regt das nämlich tierisch auf. Neuerdings zeigt er aber seine weiche Seite.
„So kann man doch nicht mit Menschen umgehen“, säuselte er kürzlich beim Frühstück, als er vom anonymen Hilferuf aus der Stadtverwaltung las. Dann zog er los, seinen Kaffee nicht ausgetrunken, sein angebissenes Brötchen zurücklassend. Nun ist mein Oller, träge und faul wie er auch ist, noch immer gut vernetzt, wie es Neudeutsch so schön heißt. Woher er den Wortlaut des Schreibens, das u. a. dem Stadtverordnetenvorsteher Uwe Koch zugegangen ist hatte, wollte er mir nicht sagen. „Falls du gefolterst wird, kannst du dich nicht verplappern“, war sein Kommentar auf meine vergebliche Fragerei. Auch die Herkunft der Kopie eines „Projektauftrags“, Ursache allen Übels, die er mir in die Hand drückte, wollte er mir nicht verraten. Schön wäre es, wenn jemand den Po in der Hose hätte, dieses Papierchen zu veröffentlichen. Es trägt nämlich vor allem eine Unterschrift, tatsächlich die des amtierenden Bürgermeisters. Im Punkt „Ausgangslage“ wird der gesamten Verwaltung „in weiten Teilen“ vorgeworfen, dass „Qualität und Quantität der erbrachten Arbeitsergebnisse und deren Ressourceneinsatz“ (was immer damit gemeint ist) Defizite aufweisen. Keine Ahnung von der Kommunalverfassung Brandenburgs u.a., mit meinen Worten ausgedrückt: „Mangelnde Willkürfreiheit von Verwaltungshandeln“ wird angeprangert. Und da hat er Recht, der Bürgermeister! Ich durfte die Linde auf meinem Grundstück nicht umlegen. Das war Willkür, denn mein Nachbar durfte seine dagegen umnieten.
Zurück zum „Projektauftrag“: Zwei Zeilen später kann man dort lesen, dass sich eine Bewertung (der Ausgangslage?) schwierig gestaltet, „da Informationsträger (IMs?) und Ablaufbeschreibungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen.“ Was denn nun: Ist die Arbeit der Stadtverwaltung in weiten Teilen „defizitär“ oder kann man das mangels ausreichender Information gar nicht beurteilen?
Jedenfalls ist das, was mein Oller im Verlauf eines Vormittags heraus bekam geeignet, Herrn Koch eine überdurchschnittliche Fähigkeit zur Zurückhaltung zu bescheinigen.
Die AfD dagegen zeigt eine Reaktion, schneller als ein Handballtorwart: Sie bekräftigt ihre Unterstützung für Rudolph. Herzlichen Glückwunsch, Herr Bürgermeister. Offenbar alles richtig gemacht. Falls es mal anders kommt…
Es gibt also zurzeit zwei Schreiben, die jede Menge Staub aufwirbeln und viel Zwietracht säen, der Hilferuf aus der Stadtverwaltung (hätte ich auch nur anonym gemacht) und der „Projektauftrag“. Wenn Rudolph nun auf Facebook von „gefälschten Briefen“ spricht, meint er damit auch den, den er selber unterschrieben hat? Es riecht nach Stuhlgang, der am Dampfen ist.
Ich erinnere mich noch an die Antwort des Herrn Rudolph auf die Frage, was er von Verwaltungsarbeit verstünde. Nichts, hatte er geantwortet, aber er wisse, dass die Mitarbeiter der Stadtverwaltung ihre Sache verstünden und eine gute Arbeit leisten würden. So kann man sich irren?
Auf die Frage, was ihn auf die Palme brächte, antwortete Rudolph der MOZ im Bürgermeisterwahlkampf: „Ungerechtigkeit, Behauptungen ohne Nachweise, Meinungen ohne Argumente.“
Na dann, ab auf die Palme, Rudolph!