Ach, was haben wir damals über den Witz mit dem Fleck und der Schere zur sicheren Entfernung desselben gelacht! Heute bleibt einem, denkt man mal in Ruhe darüber nach, das Lachen eher im Halse stecken. Das Herausschneiden von Verunreinigungen aus Kleidungsstücken setzt eindeutige Prioritäten: Weg mit dem Schmutz. Punkt. Dabei werden halt Kollateralschäden billigend in Kauf genommen. Beruhigend ist allerdings, dass niemand wirklich auf die Idee käme, den Spruch in die Tat umzusetzen. Es ist ein Spaß.
Unser Außenminister, Heiko Maaß, scherzte kürzlich ebenfalls recht unbedarft. Es kann eigentlich nur ein Scherz gewesen sein, als er wiederholte, was zuvor schon viele andere Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft daher geschwätzt haben: Man müsse Zivilcourage zeigen, gegen Rechts und Rassismus. Dabei steckt das Problem doch, sichtbar für jeden, in der Formulierung drin: Rechts. Dass die Bundesrepublik ein Rechts-Staat ist, ist unbestritten. Da wird schon mal das rechte Auge zugekniffen. Wer nämlich glaubt, dass das Zeigen des Hitlergrußes entsprechend deutscher Rechts-Vorschriften konsequent geahndet wird, ist ganz schön auf dem Holzweg.
Jeder Dödel darf ungestraft „Sieg Heil!“ grölen. Da kommt mir Maaß‘ Aufforderung zur Zivilcourage zynisch oder zumindest ziemlich blauäugig vor. Denn, hätte man nicht einem Pegida-Mitläufer im Staatsdienst „ins Gesicht gefilmt“, wäre der heute noch beim LKA in Lohn und Brot. Obwohl er auf der Straße (ganz privat, versteht sich), bei einem Haufen mitmarschiert, der auch schon mal „Merkel muss weg!“ skandiert. Landes-Kriminalamts-Mitarbeiter und sein Verhältnis zur Staatschefin. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Obwohl, Mut hat er. Und unverschämtes Glück, denn es war nicht zwangsläufig zu erwarten, dass ihm nur ins Gesicht gefilmt wurde. Mir wäre da noch was ganz anderes eingefallen…
Dass ein, ganz offensichtlich von Altersstarrsinn gebeutelter Seehofer, den Fettnapftreter Maaßen nach oben „feuert“, möchte ich auch nicht als Zeichen von Zivilcourage ansehen. Eher als Freud’sche Fehlleistung. Die Kanzlerin dagegen übt sich in Selbstkritik. Das nenne ich mal couragiert, so etwas hat man lange nicht von Angehörigen der herrschenden Klasse gehört.
Sie kann sich das erlauben, ich als Bürger dagegen würde es mir zweimal überlegen, ob ich Zivilcourage zeige.
Zu groß ist die Gefahr, dass mir der Rechts-Staat als Dank dafür in den Arsch tritt.