Brandenburg hat das Parité-Gesetz. Meine Erna hat gejubelt. Endlich halbehalbe bei Mann und Frau. In Partei und Regierung. Endlich die einzig möglich wahre Vollendung der Gleichberechtigung. Gar nicht mehr eingekriegt hat sie sich. Meine Erna, die ich eigentlich als recht umsichtige, ja, dialektisch denkende und handelnde Frau kenne! Weiber halt, höre ich jetzt schon die Machotypen tönen. Aber halbe Fahrt, was sich da Brandenburg hat einfallen lassen, samt anschließender Selbstbeweihräucherung, ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange. Man hat nämlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Von vorn gedacht: Parität kann doch nicht unbesehen mit fifty-fifty gleichgesetzt werden. Zuvor muss doch mal der wirkliche Frauengehalt einer Gesellschaft festgestellt werden.
Ein Frauenüberschuss müsste, wäre die Aktion ehrlich gemeint, dann auch eine Frauenmehrheit in den paritätisierten Gremien bedeuten. Können Sie mir folgen? War bis hierhin wohl nicht so schwer, oder? Allerdings fühle ich mich so oder so unterrepräsentiert, wenn nicht gar ignoriert. Ist doch seit unlängst per Gesetz festgeschrieben: das dritte Geschlecht. Wo bleibt das? Nun glaubt meine Erna zwar noch immer, sie hätte mit mir einen Mann geehelicht (und ich werde den Teufel tun, ihr diesen Glauben zu nehmen), das will aber nichts besagen. Ich kann nicht kochen, bügeln oder gar Wäsche zusammenlegen. Wie eine Waschmaschine funktioniert, davon habe ich keinen blassen Schimmer. Seit ich beim Geschirrspüler den Schleudergang eingelegt habe, darf ich mich auch diesem Gerät nicht mehr auf weniger als 2 m nähern.
Von Staubsaugen, Stopfen oder Stillen ganz zu schweigen. Eine Frau bin ich also erstmal ganz bestimmt nicht. Andererseits sieht mein Auto immer dreckig aus, zum Radwechsel fahre ich in die Werkstatt, zum Lampenwechsel auch. Ich weiß weder, wo der Sanikasten versteckt ist, noch, wo sich Reserverad oder gar Wagenheber befinden. Oder ob sowas überhaupt an Bord ist. Eine Schramme, zugefügt bei am Einkaufszentrum vom Nachbarparker bringt mich mitnichten an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Ein richtiger Mann bin ich also auch nicht. Fußball geht mir am Allerwertesten vorbei, ich gucke keine Pornos und esse regelmäßig und gern Obst und Gemüse. Das alles hätte meine Erna schonmal stutzig machen können.
Im Spiegel darf ich allmorgendlich den Körper einer Venus von Willendorf bewundern. Der vergleichsweise winzige Unterschied fällt dabei nicht wirklich ins Gewicht. Ein richtiger Mann sieht anders aus. Sagt das Werbefernsehen. Die meisten Frauen übrigens auch. Sagen die bunten Zeitungen beim Hausarzt. Wie man es auch dreht und wendet – ich bin ein typisches „Es“. Oder „Divers“, wie es heute so schön neudeutsch heißt. Damit könnte ich künftig zwar trotzdem im Brandenburgischen Parlament vertreten sein, nähme dann aber einer Frau oder einem Mann – ich darf selber entscheiden, auf welcher Liste ich mich platzieren lasse – den Platz weg. Es sei denn, es werden irgendwann mal mehr als 100 Prozent Parlamentarier dort ihre Zeit absitzen bzw. abschwänzen. Ob denen vor ihrem „revolutionären“ Beschluss jemand zu erklären versucht hat, dass 100 Prozent 100 Prozent sind? Viel sicherer, als dass „Nein“ wirklich immer „Nein“ bedeutet. Zumindest mitregierende Großeltern wissen, was damit gemeint sein könnte.
Immerhin, Brandenburg hat für sich ein wahres Luxusproblem gelöst. Es gäbe doch wohl dringendere Nöte zu lindern. Aber das macht Arbeit. Dafür braucht man Ideen und das Rückgrat, die umzusetzen. Das liegt der Woidtke-Administration aber offenbar nicht.
Gerechtigkeit sieht für mich anders aus. Aber mich fragt ja keiner.
Euch etwa?