Podiumsdiskussion im Oberstufenzentrum
Kandidaten des Wahlkreis 63 stellen sich der jungen Generation
Die Bundestagswahl steht unmittelbar bevor, und 41 Parteien wurden zur Wahl zugelassen. Um den Überblick zu behalten, hat das Oberstufenzentrum Palmnicken in Fürstenwalde eigenständig eine Podiumsdiskussion für seine Schülerschaft angeregt und mit aktiver Beteiligung der Schüler organisiert. Erstwähler hatten so die Gelegenheit, die Kandidatinnen und Kandidaten des Wahlkreises 63 direkt zu befragen und Themen anzusprechen, die sie als junge Menschen bewegen. Diese Veranstaltung war keine verstaubte Runde, geprägt von Grundsatzfragen, die in der Bedeutungslosigkeit untergingen. Ganz im Gegenteil: Es war eine dynamische, frische Diskussion, die von Enthusiasmus, neuen Ideen und spannenden Einschätzungen lebte. Die Themenpalette war breit gefächert: von der Mietpreisbremse über den Ausbau der Infrastruktur, Abtreibung, Bildung und Lebensräume bis hin zu Klima- und Artenschutz sowie der Europäischen Gemeinschaft. Alles Fragen, die von besonderer Relevanz sind. Für die Erstwähler, die wirklich etwas erfahren wollten, bot das Format „7 Fragen in 100 Minuten“ eine kompakte und zugleich aussagekräftige Plattform. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von den Moderatorinnen Annalena Nehr und Alexandra Hardt die sich gut vorbereitet hatten und die Veranstaltung lenkten.
- Die Linken – Leon Turi Kley
- Die Grünen- Landelin Winter
- SPD-Mathias Papendiek
- FDP- Richard Hennicke
- CDU- Dèsirèe Schrade
- AfD-Rainer Galla
Obwohl die Nachbetrachtung der Diskussion vielleicht etwas länger ausgefallen ist, lohnt es sich auf jeden Fall, sich die Zeit zu nehmen. Schaut euch an, wie die Kandidatinnen und Kandidaten zu den wichtigen Fragen stehen – es gibt einiges zu entdecken!
Mietpreisbremse
Wie stellen Sie sich eine grundlegende Wende in der Mietenpolitik vor?“ (Publikumsfrage)
Der Kandidat der Linken Leon Turi Kley plädierte für einen bundesweiten Mietendeckel, bei dem die Mieten sechs Jahre lang eingefroren werden sollen, gefolgt von strengen Obergrenzen für Mieterhöhungen. In Städten mit akutem Wohnungsmangel sollen hohe Mieten sofort gesenkt werden. Die Grünen so Landelin Winter setzen auf eine klimaverträgliche Modernisierung und die Verbesserung der Mietpreisbremse. Ihr Fokus liegt auf schnellen, günstigen und nachhaltigen Bauprogrammen, insbesondere durch Sanierungen im Bestand.
Der FDP Kandidat Richard Hennicke lehnt einen Mietendeckel ab und betont die Beschleunigung von Bauprozessen. Ein Vorschlag ist die Nutzung vorgefertigter Bauten, wie in Fürstenwalde. Zudem sollen Kleinvermieter durch Bürokratieabbau gestärkt werden, um mehr Wohnraum pragmatisch und effizient zu schaffen.
Mathias Papendiek der SPD kritisierte die FDP-Position zur Mietpolitik und forderte mehr sozialen Wohnungsbau: „Eine Wohnung ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht. Wir müssen bezahlbaren Wohnraum für alle sichern.“ Angesichts steigender Mieten in Städten wie Grünheide oder Fürstenwalde betonte er die Notwendigkeit günstiger Projekte, wie Sozialwohnungen mit 6,20 Euro pro Quadratmeter.
Er verurteilte die FDP für ihren marktorientierten Ansatz: „Es reicht nicht, nur zu bauen, wenn die Mieten für viele unerschwinglich bleiben.“ Sein Fazit: Sozialer Wohnungsbau sei der Schlüssel zu fairen Mieten und dürfe nicht dem Markt überlassen werden.
Abtreibung
Ein männlicher Blick auf weibliche Rechte
Das Thema Abtreibung zeigte deutliche Unterschiede zwischen den Kandidaten. Landelin Winter betonte das Selbstbestimmungsrecht „aller, die Kinder bekommen können“, im Einklang mit den Werten der Grünen. Der AfD-Kandidat Rainer Galla sorgte mit drastischen Aussagen wie dem Vergleich eines Abbruchs mit „Zerstückeln“ für Kritik. Seine Haltung, Frauen hätten wenig Verständnis für die Folgen, wurde als empathielos wahrgenommen. Zudem irritierte er durch respektlose Formulierungen, wie die Bezeichnung seiner Frau als „Weib“.
SPD, Grüne, FDP und CDU befürworteten psychologische Begleitung und Beratung. Papendiek, betonte die Schwere der Entscheidung und den persönlichen Charakter, Winter hob die Bedeutung von Nachsorge hervor. Dèsirèe Schrade forderte einen Ausgleich zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und Leon Turi Kley fasste zusammen: „Eure Körper, eure Entscheidungen – wir brauchen mehr Therapieplätze.“
Abtreibung bleibt in Deutschland gemäß § 218 StGB rechtswidrig, ist jedoch unter bestimmten Bedingungen, wie Beratung oder medizinischer Indikation, straffrei. Insgesamt zeigt sich eine klare Unterstützung für das Selbstbestimmungsrecht der Frau bei den Linken, Grünen, SPD und FDP, während die AfD mit einer radikaleren Haltung und moralischer Argumentation eher für den Schutz des ungeborenen Lebens plädiert. Abgesehen von den Äußerungen während der Diskussion ist es erwähnenswert zu betonen, dass ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig ist, jedoch unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt, z. B. durch eine gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung oder bei medizinischer oder kriminologischer Indikation (z. B. Gefahr für das Leben der Frau oder im Fall einer Vergewaltigung)
Wie gedenken Sie, den Artenschutz zu fördern?
Der Kandidat der Linken Kley, hob den Schutz von Grundwasser und Wäldern als Grundlage für Artenvielfalt hervor, blieb jedoch ohne konkrete Umsetzungsstrategie. Dèsirèe Schrade sprach von der gesellschaftlichen Verantwortung für den Artenschutz, blieb jedoch unklar in ihren Maßnahmen und kritisierte die AfD für mangelnde Prioritätensetzung. Und Winter, betonte die Förderung von Lebensräumen und Biodiversität, legte jedoch keinen Fokus auf konkrete Maßnahmen.
Für Mischwälder, Grünstreifen, Straßengrün und den Schutz von Seen und Uferzonen sprach sich Papendiek aus und ergänzte, mit der Verdrängung der Natur durch Bauprojekte und forderte eine bessere Wasseraufbereitung, blieb aber in der Abgrenzung von langfristigen und kurzfristigen Maßnahmen vage. Winter betonte den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Artenschutz. Mit konkreten Beispielen wie dem Verlust von Insekten und Vögeln unterstrich er die Dringlichkeit. Er hob das 4-Milliarden-Euro-Programm für die Wiedervernässung von Mooren hervor, da Moore besonders artenreiche Lebensräume sind. AfD-Kandidat Galla verband Artenschutz mit „Heimatschutz“ und kritisierte Projekte wie die Tesla-Fabrik. Er warnte vor invasiven Arten, machte jedoch keine konkreten Vorschläge.
Brandenburgs Zukunft
Attraktivität für junge Erwachsene
Die Kandidatin der CDU Dèsirèe Schrade hob die kulturellen Angebote hervor, darunter Jugendclubs und Freizeitmöglichkeiten in Städten wie Frankfurt (Oder), das in kurzer Zeit mit der Regionalbahn von Fürstenwalde/Spree erreichbar ist. Sie betonte die Wichtigkeit einer positiven Haltung gegenüber Brandenburg und appellierte an die junge Generation: „Bleibt hier, arbeitet hier und studiert hier.“ Besonders wichtig sei es, diese Attraktivität durch weitere Maßnahmen, wie den Ausbau eines verlässlichen Nahverkehrs auch in den Abend- und Nachtstunden, nachhaltig zu stärken.
Und Leon Turi Kley stellte die Bedeutung eines gut ausgebauten Nahverkehrs in den Vordergrund und sprach sich für eine Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets aus. Sie forderte zudem Investitionen in Gebäude und Infrastrukturen sowie die Einbringung kreativer Ideen in den Bundestag. Der grüne Kandidat Anton Wulke zeigte Verständnis für den Wegzug junger Menschen. Er sprach die mangelnden Kulturangebote und Aufenthaltsbereiche an, die Brandenburg weniger attraktiv machten. Besonders junge Frauen zögen laut Statistik eher weg. Seine Lösungsvorschläge blieben jedoch vage und beschränkten sich auf die Forderung nach verbesserten Freizeit- und Kulturangeboten.
Richard Hennicke erkannte das Potenzial Brandenburgs, das jedoch oft nicht genutzt werde. Er fordere mehr Investitionen in neue Angebote und betonte die Notwendigkeit, die junge Generation aktiv einzubinden, um innovative Ideen und Attraktivität für die Region zu schaffen. Mathias Papendiek hob die landschaftlichen Vorteile Brandenburgs, wie schöne Badeseen, hervor. Konkrete Maßnahmen waren die Förderung von Kulturmöglichkeiten und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Der Kandidat sprach sich auch für eine Senkung der Kosten für den Führerschein und die Erhaltung des Deutschlandtickets aus, um Mobilität zu fördern.
Der Kandidat der AfD argumentierte, Brandenburg sei nicht langweilig (Aus der Sicht eines 62-jährigen. Gleichzeitig erwähnte er, dass Berlin in der Nähe liege und als kulturelles Zentrum alles biete, was junge Menschen suchen könnten. Diese Aussagen verfehlten jedoch die Bedürfnisse junger Erwachsener, die neben Natur vor allem attraktive Jobchancen, Kulturangebote, Freizeitmöglichkeiten und gute Infrastruktur benötigen. Die mögliche stärkere Förderung regionaler Jobchancen, sodass junge tendenziell meist Frauen, hier in der Region bleiben, wurde nicht betrachtet.
Bildung
Alle wollen Verbesserung, aber wie soll es umgesetzt werden?
Was würden Sie tun, um das Bildungssystem in Deutschland zu verbessern und zu modernisieren?
Dèsirèe Schrade betonte, dass Bildung Ländersache sei, äußerte jedoch die Notwendigkeit, den Lehrermangel anzugehen. Sie verwies auf die Einrichtung einer Lehrerausbildungsstelle in Frankfurt (Oder), um mehr Fachkräfte Regional zu gewinnen. Eine weitere Priorität sei die Investition in frühkindliche Bildung, beispielsweise durch ein verpflichtendes letztes Kitajahr. Die Kandidatin hob hervor, dass ihre Tochter dieses Jahr eingeschult wurde und sie dort große Entwicklungsunterschiede Von dreieinhalb Jahren zwischen den Kindern festgestellt habe. Bildungsgerechtigkeit müsse daher bereits vor dem Schuleintritt gewährleistet werden sowie mehr Investitionen in frühkindliche Bildung.
Landelin Winter, forderte eine bundesweite Reform des Bildungssystems, mehr finanzielle Mittel, eine Abkehr vom Leistungsdruck und eine stärkere Vernetzung durch fächerübergreifenden Unterricht. Auch die Fortbildung von Lehrkräften sei essenziell. Der Rainer Galla sprach sich für höhere Anforderungen an Schüler, mehr Lehrer und ausreichende finanzielle Mittel aus, ohne strukturelle Reformen zu thematisieren.
Und Mathias Papendiek plädierte für mehr Lehrpersonal, eine duale Vollzeitausbildung in der Grundschule, Schulsozialarbeit, günstigeres Schulessen und den Ausbau von Schulen, um Chancengleichheit zu fördern. Die Linke mit Leon Turi Kley sprach sich gegen Leistungsdruck aus, betonte Berufsorientierung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und forderte höhere Investitionen in Bildung. Die FDP mit Richard Hennicke forderte ein einheitliches Bildungssystem, mehr finanzielle Mittel, eine Modernisierung mit alltagsrelevanten Themen und eine Förderung lebenslangen Lernens.
EU und Ukraine
Perspektiven der Parteien und die EU und ihre Bedeutung
Die Grünen betonten die immense Bedeutung der EU für Wirtschaft und internationalen Zusammenhalt und warben für stärkere Kooperationen, da ein einzelnes Land schneller scheitern könne. Die CDU hob die EU als Teil der europäischen Identität und Garant für Sicherheit hervor, insbesondere angesichts instabiler Beziehungen zu den USA. Die AfD lobte die ursprüngliche Idee der EU zur Förderung von Handel und Zusammenarbeit, kritisierte jedoch die zunehmende Bürokratisierung. Die SPD stellte die Errungenschaften der EU, wie einheitliche Regelungen und Roamingfreiheit, als Zeichen für Freiheit und Mobilität in den Vordergrund. Die FDP betonte die Rolle der EU für Wohlstand und Handel und forderte eine Fokussierung auf zentrale Themen anstelle übermäßiger Bürokratie.
Unterstützung der Ukraine
Die Grünen, SPD und CDU bekräftigten ihre Unterstützung für die Ukraine. Die Grünen wiesen auf die Brutalität des Krieges hin, die CDU betonte die Verteidigung gemeinsamer Werte und warnte vor einer Haltung der Angst. Die SPD bekräftigte das Recht der Ukraine auf Souveränität und betonte langfristig den Wunsch nach Frieden. Die FDP plädierte für eine ausgewogene Unterstützung und diplomatische Initiativen. Die AfD sprach sich gegen Waffenlieferungen aus und forderte Friedensverhandlungen, ohne konkrete Ansätze zur Umsetzung vorzulegen. Die Linke forderte ebenfalls Verhandlungen, lehnt jedoch Waffenlieferungen und das NATO-Bündnis ab, ohne praktikable Alternativen aufzuzeigen. Red/Ann/Ale