Erneuerbare Energien im Verkehrsbereich  

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit hat am 24. September einen Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien im Verkehrsbereich (RED II) veröffentlicht und in die Verbändeanhörung gegeben (Ende: 15.10.). Damit wollen wir den Pfad für die Förderung verschiedener erneuerbarer Energien im Verkehrsbereich für die kommenden Jahre verantwortungsvoll und realistisch vorzeichnen

Referentenentwürfe für das Gesetz und die Verordnung.
https://www.bmu.de/gesetz/referentenentwurf-eines-gesetzes-zur-weiterentwicklung-der-treibhausgasminderungs-quote/

– Wir wollen unsere EU-Verpflichtungen für 2030 bereits im Jahr 2026 erfüllen. Und in der zweiten Hälfte der 20er Jahre gehen wir den nächsten großen Schritt, um das Ziel der RED II überzuerfüllen
– Wir wollen nicht blind einfach mehr alternative Kraftstoffe im Tank. Wir wollen gezielt alternative Kraftstoffe voranbringen, die nicht schädlich für die Umwelt sind. Das sind fortschrittliche Biokraftstoffe für Nutzfahrzeuge und erneuerbare strombasierte Kraftstoffe für den Flugverkehr. Darüber hinaus wollen wir die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausbauen. Das erreichen wir u.a. mit dem Referentenentwurf:
– Wir erhöhen den Anteil an (fortschrittlichen) Biokraftstoffen aus Reststoffen wie Stroh und Gülle deutlich.
– Wir nutzen Biokraftstoffe aus Altspeiseölen und tierischen Abfallprodukten, die nicht stofflich verwertet werden, für den Klimaschutz im Verkehr.
– Wir steigern die Produktion von grünem Wasserstoff in Raffinerien in sehr großem Ausmaß. 
– Wir bauen die Produktion von flüssigen, strombasierten Kraftstoffen auf durch eine verpflichtende Quote   im Flugverkehr.
– Wir setzen Anreize für den Ausbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur für mehr Elektromobilität.
Die Steigerung von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen ist für uns keine Option. Für Biosprit Wälder zu roden und Natur zu zerstören, ist nicht hinnehmbar. Bis zum Jahr 2026 werden wir daher das umweltschädliche Palmöl schrittweise aus dem Tank verbannen, Biokraftstoffe aus Nahrungsmitteln stark begrenzen und gleichzeitig den Anteil wirklich nachhaltiger Optionen steigern. Mit dieser Begrenzung setzen wir das um, was auch in der RED II richtigerweise vorgegeben wird.

Verschiedene Interessengruppen kritisieren den Referentenentwurf. Das ist zwar mit Blick auf die jeweiligen Interessen zum Teil nachvollziehbar. Aber wir stellen uns gern dieser Kritik, da wir überzeugt sind, sehr gute Argumente für unser Vorgehen zu haben. Nachfolgend ein paar gängige Kritikpunkte und unsere Argumente dazu

KRITIK: Der Entwurf greift zu kurz, wir brauchen einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien. Nur 14% davon im Verkehr bis 2030 ist zu wenig.

Antwort BMU
Das BMU will das EU-Ziel im Verkehr deutlich früher erfüllen als derzeit von der EU vorgeschrieben, nämlich schon 2026. Der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr wird gemäß unserem Vorschlag also sehr schnell hochgefahren, nämlich in der Hälfte der EU-seitig vorgesehenen Zeit. Und lange vor dem Termin werden wir unser Ziel überprüfen – und 2026 entsprechend weiter erhöhen, um 2030 die EU-Vorgaben deutlich zu übertreffen. Das steht schon in der Nationalen Wasserstoffstrategie und ist Teil unseres Referentenentwurfs zur Umsetzung der RED II. Ausschlaggebend ist der Stand der Technik und das bis dahin gewonnene Forschungswissen. Darüber hinaus fahren wir bis 2026 den Anteil von Biokraftstoffen aus Palmöl auf null. Echter Klimaschutz geht nur mit Biokraftstoffen, die nicht an anderer Stelle der Umwelt schaden. Wir setzen daher auf nachhaltige Optionen wie fortschrittliche Biokraftstoffe und grünen Wasserstoff.

KRITIK: Der Verbrenner ist und bleibt Realität auf den Straßen. Wir brauchen einen Kraftstoff, mit dem der Verbrenner klimaneutral wird.

Antwort BMU
Es stimmt: Alternative Kraftstoffe werden Stand heute nötig sein, um den Verkehr vollständig klimaneutral zu machen. Aber ob und inwieweit ihr Einsatz ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist, ist eine Frage der Alternativen und der Effizienz: Luft- und Seeverkehr etwa lassen sich technisch nicht vollständig elektrifizieren. Hier ist der Einsatz von strombasierten Kraftstoffen sehr sinnvoll, weshalb wir erstmals eine Quote für den Flugverkehr einführen wollen. Auch Nutz- und Schwerlastfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren dürften zum Teil auf alternative Kraftstoffe angewiesen sein. Im Pkw-Bereich ist die Elektromobilität die effizienteste Alternative. Für Fahrzeuge, die bereits im Straßenverkehr rollen, setzen wir auf alternative Kraftstoffe, sofern sie klima- und umweltfreundlich sind. Das können fortschrittliche Biokraftstoffe sein (z.B. aus Reststoffen wie Stroh und Gülle), Altspeiseöle, aber auch grüner Wasserstoff, der bei der Kraftstoffproduktion zum Einsatz kommt. Biokraftstoffe aus Nahrungsmitteln insbesondere aus Palmöl sind für uns keine nachhaltige Alternative.

KRITIK: Durch das Gesetz werden Biokraftstoffe zu Gunsten anderer Kraftstoffe benachteiligt. Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln werden de facto begrenzt.

Antwort BMU
Ob alternative Kraftstoffe gut oder schlecht für die Umwelt sind, hängt vom Rohstoff ab. Und bei vielen Kraftstoffen ist „Bio“ nicht automatisch „öko“. Eine Förderung von Biokraftstoffen, die die Mineralölindustrie einsetzt und die der Verbraucher an der Zapfsäule bezahlt, muss einen positiven Beitrag für den Klimaschutz leisten. Das ist bei vielen Biokraftstoffen nicht der Fall. Für herkömmliche Biokraftstoffe werden Raps oder Mais auf Flächen angebaut, die dann für Nahrungsmittel fehlen. Erweitert man die Anbauflächen, weicht die Nahrungsmittelproduktion in Naturgebiete aus, was zu Rodungen von Wäldern und Trockenlegungen von Mooren führen kann. Dadurch werden große Mengen Treibhausgase frei, die teilweise deutlich höher sind als jene von fossilen Kraftstoffen. Und der Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen wird zerstört. Fortschrittliche Biokraftstoffe hingegen entstehen zum Beispiel aus Reststoffen wie Stroh und Gülle. Diese Form des „Recycling“ ist nachhaltig und soll gefördert werden. Unsere Gesetzes- und Verordnungsentwürfe sehen für die nächsten 10 Jahre eine deutliche Steigerung der verpflichtenden Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe vor (von derzeit 0% auf 1,75% im Jahr 2030). Auch Altspeiseöle sollen weiterhin eine zweite Verwendung als Kraftstoff erleben. Neu in unserem Entwurf ist, dass auch Kraftstoffe aus tierischen Abfallstoffen angerechnet werden. Gar nicht mehr zum Einsatz kommen soll Palmöl, bis 2026 steigen wir daher schrittweise aus der Verwendung aus.

KRITIK: BMU blockiert den Hochlauf der Produktion für grünen Wasserstoff und ignoriert die Beschlüsse der Nationalen Wasserstoffstrategie.

Antwort BMU
Das Gegenteil ist richtig. Der Entwurf des BMU verpflichtet zu einem sehr ambitionierten Hochlauf, der die Beschlüsse der Nationalen Wasserstoffstrategie sogar übersteigt. Das gibt der Wasserstoffbranche enormen Rückenwind. Für unsere Pläne brauchen wir im Jahr 2026 mindestens 1,0 GW und im Jahr 2030 werden voraussichtlich zwischen 2,4 GW und 3,6 GW an Elektrolyseleistung zur Erfüllung der neuen RED II-Vorgaben erforderlich sein. Dagegen sind in der Nationalen Wasserstoffstrategie nur 2 GW bis 2030 für den Verkehrsbereich vorgesehen.

Hintergrund
– Im Jahr 2026 heben wir die Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) von 6% auf 7,25% an. Dann müssen die Kraftstoffhersteller die CO2-Emissionen ihrer Produkte noch stärker senken. Dafür stehen ihnen dann Biokraftstoffe aus Palmöl nicht mehr zur Verfügung, weil wir bis Ende 2025 schrittweise aus Palmöl aussteigen wollen. Die Erhöhung der Quote und die frei gewordenen Kapazitäten vom Palmöl schaffen also Platz und Anreiz für andere erneuerbare Energien. Grüner Wasserstoff kann diesen „Raum“ gut füllen und auf die THG-Quote angerechnet werden. Wir erwarten aktuell mindestens 0,75 GW Elektrolyseleistung für grünen Wasserstoff zur Verwendung in Raffinerien. Nach der für 2024/2025 geplanten Fortschreibung der THG-Quote soll diese Leistung auf 2 GW im Jahr 2030 steigen. In Raffinerien ersetzt grüner Wasserstoff den derzeit genutzten fossilen Wasserstoff, der Herstellungsprozess von Kraftstoffen wird somit klimaschonender.

– Die genauen Strombezugskriterien für strombasierte Kraftstoffe und Wasserstoff werden von der Europäischen Kommission durch delegierte Rechtsakte erst noch erlassen, voraussichtlich 2021. Erst dann können wir die 37. Bundes-Immissionsschutzverordnung in einem zweiten Umsetzungsschritt der RED II anpassen. Die aktuellen Referentenentwürfe sehen an dieser Stelle keine Änderung der 37. BImSchV vor.
– Parallel dazu wirkt die verpflichtende Quote im Flugverkehr, die weitere Elektrolysekapazitäten notwendig macht. Für die Produktion strombasierten Kerosins wird bis zum Jahr 2026 ein zusätzlicher Aufbau von 0,4 GW an Elektrolyse benötigt. Dieser Wert vervierfacht sich bis 2030 auf 1,6 GW. 

KRITIK: Das BMU blockiert eine Schlüsseltechnologie, weil es keine Förderquote für synthetische Kraftstoffe/E-Fuels ansetzt. Der Verbrenner im Pkw soll keine Chance erhalten, grün zu werden.

Antwort BMU
Für die Klimaschutzziele im Verkehr brauchen wir alle verfügbaren umweltfreundlichen Kraftstoff-Optionen. Strombasierte Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff werden künftig unerlässlich sein, um den Verkehrsbereich klimaneutral zu gestalten. Erneuerbarer Strom ist aber ein kostbares Gut, das wir dort zuerst einsetzen sollten, wo es keine klimafreundlichen und effizienteren Alternativen als die direkte Stromnutzung gibt. Das trifft auf den Luftverkehr, den Seeverkehr und teilweise auch den Schwerlastverkehr zu. Strombasierte Kraftstoffe werden auch im Straßenverkehr genau wie Biokraftstoffe auf die Verpflichtung zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) angerechnet und damit gefördert. Von einer Blockade kann daher keine Rede sein. Wer E-Fuels einsetzen möchte, kann das tun und auch anrechnen. Dadurch können strombasierte Kraftstoffe unter Umständen auch im Straßenverkehr einen Beitrag zur Treibhausgasminderung der Bestandsflotte leisten. Eine staatliche Pflicht zum Einsatz einer ökonomisch und ökologisch in diesem Sektor vergleichsweise ineffizienten Technologien halten wir allerdings für nicht sinnvoll. Im Pkw-Bereich ist die Elektromobilität die effizienteste Alternative. So wird für den Antrieb eines Verbrenner-Pkw mit synthetischem Kraftstoff zur Herstellung fünfmal so viel Strom benötigt wie für den Antrieb eines Elektroautos, das den Strom direkt tankt. Ökostrom ist noch ein knappes Gut und andere Bereiche der Industrie müssen auch versorgt werden. Der schnelle weitere Ausbau der erneuerbaren Energien ist deshalb eines unserer Kernanliegen. Wir müssen je Sektor die effizienteste Option für den Klimaschutz wählen.

Hintergrund
– Insbesondere der Flugverkehr wird auf absehbare Zeit auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein. Daher schlagen wir vor, dass zuerst eine verpflichtende Quote für strombasierte Kraftstoffe im Flugverkehr geschaffen wird. Dadurch wird die Entwicklung dieser wichtigen Technologie vorangetrieben und eine Absatzgarantie für diese Kraftstoffe geschaffen. Das bedeutet Planungssicherheit für den Anlagenbau und zusätzliche Elektrolysekapazitäten für grünen Wasserstoff.

– Noch wird in der Herstellung von Kraftstoffen fossiler Wasserstoff verwendet. Der wird künftig durch grünen Wasserstoff ersetzt und kann von der Mineralölwirtschaft auf die THG-Quote angerechnet werden. Das wird für einen weiteren Schub für grüne Wasserstofftechnologie sorgen.
– Die genauen Strombezugskriterien für strombasierte Kraftstoffe und Wasserstoff werden von der Europäischen Kommission durch delegierte Rechtsakte erst noch erlassen, voraussichtlich 2021. Erst dann können wir die 37. Bundes-Immissionsschutzverordnung in einem zweiten Umsetzungsschritt der RED II anpassen. Die aktuellen Referentenentwürfe sehen an dieser Stelle keine Änderung der 37. BImSchV vor.

KRITIK: Ambitionierte Klimaschutzziele im Verkehr sind ohne strombasierte Kraftstoffe (sogenannte E-Fuels) nicht zu schaffen. Aber das BMU blockiert das Inverkehrbringen von E-Fuels als Reinkraftstoff für den Straßenverkehr und verhindert so den Markthochlauf dieser Kraftstoffe. Das BMU will stur nur Elektroautos fördern und die Konkurrenz durch E-Fuels verhindern. 

Antwort BMU
Eine Vermarktung von strombasierten Kraftstoffen ist bereits nach geltendem Recht möglich. Diese können konventionellem Diesel bis zu etwa 26% beigemischt werden. Diese technische Beimischungsgrenze ist nach derzeitiger Marktlage keine reale Einschränkung für den Absatz, denn derzeit sind 0% strombasierte Kraftstoffe im Verkehr. Die Beimischungsgrenze bietet in den kommenden Jahren also genug Raum, um den Markthochlauf strombasierter Kraftstoffe zu ermöglichen. Die derzeit diskutierten strombasierten Kraftstoffe sind paraffinische Dieselkraftstoffe. Die Nichtaufnahme von paraffinischem Diesel als Reinkraftstoff in die 10. BImSchV ist vor allem eine technische Frage der Fahrzeugverträglichkeit sowie des Verbraucherschutzes und nicht des Klimaschutzes. Herstellerfreigaben für paraffinischen Dieselkraftstoff sind noch die Ausnahme unter den zugelassenen Fahrzeugen und auch nicht für alle Neufahrzeuge vorhanden. Fahrzeughalter, die den Kraftstoff ohne Herstellerfreigabe verwenden, tun dies auf eigenes Risiko und müssen für Schäden selbst haften.

Hintergrund
– Aus Klimaschutzsicht ist es unerheblich, ob wenige Fahrzeuge mit 100% strombasierten Kraftstoffen betrieben werden oder alle Fahrzeuge mit einer kleineren Beimischung, wie nach geltendem Recht möglich.

– Derzeit haben wir um die 5% Biokraftstoffe im Verkehr und 0% strombasierte Kraftstoffe.

error: Der Inhalt ist geschützt!