Geschichte, Gedichte, Gesang

750 Jahre Fürstenwalde – Festlicher Abschluss im Dom

Mit dem Kammerchor Fürstenwalde im Dom ging die repräsentative Konzertreihe „Geschichte, Gedichte, Gesang“ in die finale Phase, den zehnten und letzten Teil der 750-jährigen Geschichte der Stadt Fürstenwalde. Seit 2012, als die Stadtoberen dieses denkwürdige Datum der Erstnennung der Stadt Fürstenwalde und das damit einhergehende große Jubiläum planten, wurde in jedem Jahr eine Epoche besonders hervorgehoben, mit Wort, Bild und Gesang. Der Dom bildete am Sonntagabend dafür genau die richtige Bühne. Viele Gäste waren gekommen, um bei diesem beispielhaften, künstlerischen und geschichtsträchtigen Moment der Zeitgeschichte der Stadt mit dabei zu sein. Kaum ein Platz blieb unbesetzt, so groß war das Interesse bei den vielen Gästen. Zudem gab es zwischen den beiden Akten noch eine kleine Pause. Die Schüler des Oberstufenzentrums Oder-Spree nutzten ihrerseits die Gelegenheit, sich für ihren zu engagieren und an diesem Abend für Köstlichkeiten zu sorgen.
Alexej Ilenko begleitete den Ausgang der Pause mit wunderschöner Orgelmusik und sorgte so dafür, dass die Gäste wieder ihre Plätze einnahmen. Im Anschluss daran, noch bevor der zweite Geschichtsteil „Geschichte, Gedichte, Gesang“ begann, wurden zwei besonders engagierte Menschen ausgezeichnet.

Die Martin-Adler-Gedenk-Medaille
1946 gründete er den Schulchor der Musikschule Fürstenwalde, der später zum Jugendchor „Geschwister Scholl“ wurde. Zeitweise waren bis zu 80 Sängerinnen und Sänger im Chor. Auf die Gründung des Schulchores geht der Kammerchor Fürstenwalde zurück. Zum 60. Jubiläum des Kammerchores stiftete der Landkreis Oder-Spree 2006 mit dem damaligen Landrat Manfred Zalenga zu Ehren des Chorleiters Martin Adler, der bereits 1996 verstorben war, die „Martin-Adler-Gedenk-Medaille“.

Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke
Die Laudatio übernahm Landrat Rolf Lindemann, der sich wie die Gäste darüber erfreut zeigte, dass die Landtagspräsidentin des Landes Brandenburg, Prof. Dr. Ulrike Liedtke, zu diesem Abschlusskonzert in den Fürstenwalder Dom gekommen ist. Darüber hinaus zeichnete er ein Bild um die Verdienste, die Förderung und Unterstützung des Chorgesangs.
In Anerkennung wurde ihr in diesem feierlichen Rahmen die Martin-Adler-Medaille verliehen.

Fürstenwalder Museumsleiter Guido Strohfeld
Die Laudatio übernahm Martin Haupt, Pfarrer a.D. der Evangelischen Domgemeinde, der die geschichtliche Fundiertheit von Guido Strohfeld hoch schätzt, weil dieser sofort Feuer und Flamme gewesen war, um mit geschichtlichem Wissen um Fürstenwalde zu der Konzertreihe „Geschichte, Gedichte, Gesang“ zu helfen, dazu die Türen zum Museum weit öffnete, um die Geschichte der Stadt in Wort und Wissen zu unterstützen und mitzugestalten. Er ist ein Sohn der Stadt.

Der Dom zu Fürstenwalde – eine Baustelle für Jahrhunderte

Im Mittelalter wird wohl bei der Gründung einer Stadt im christlichen Abendland
eines der ersten Aufgaben, neben dem Bau von Wohnhäusern, der Bau einer Kirche gewesen sein. Die frühesten Spuren einer Kirche in Fürstenwalde sind heute noch an der Westwand des Nordanbaues unseres Doms zu erkennen. Eine Feldsteinmauer mit quaderförmig geschlagenen Steinen in ordentlicher horizontaler Lage, typisch für spätromanische Feldsteinkirchen wie sie in einigen Dörfern um Fürstenwalde noch zu finden sind und eben typisch für das 13. Jahrhundert. Bis auf die wenigen erhaltenen Spuren wissen wir nichts über diese erste Kirche.

Ob die 1432 von den Hussiten zerstörte Kirche, wie in unserer Geschichtsschreibung immer behauptet wird, tatsächlich jene Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert war wissen wir auch nicht mit Sicherheit. Fakt ist allerdings, 1446 beginnt unter Bischof Johann von Dehr der Bau der gotischen, dreischiffigen Hallenkirche, wie wir sie heute noch erleben dürfen. Doch schon die Fertigstellung dieser Kirche ist mit Fragezeichen versehen. So heißt es, dass der Dehr`sche Bau bereits 1447 abgeschlossen war. Außerdem steht in den Chroniken der Abschluss des Neubaus gelang unter Bischof Friedrich Sesselmann 1470. Wer also was genau baute, bleibt wiederum unklar.

Sicher hatten die Bischöfe des 15. Jahrhunderts den Neubau auch als Chance begriffen, ihre eigenen stilistischen Vorstellungen durchzusetzen und damit schließlich auch ein Denkmal für sich selbst zu errichten. Knapp einhundert Jahre später, im Jahr 1576, ereignete sich die nächste Katastrophe. Ein Blitzstrahl entzündete das Gotteshaus. Die Türme und das Dach brannten aus, Glocken, zwei Orgeln und der Altar wurden stark beschädigt. Während die Kirche ein Jahr später schon wieder genutzt werden konnte, wurden die Türme erst 1585 fertiggestellt. Nun hatte der Turm eine sogenannte „Welsche Haube“ erhalten, wie sie in der jetzt modernen Renaissance üblich und auf der ältesten Darstellung unserer Stadt, dem Merian Stich, zu sehen ist.

Mangels älterer Darstellungen bleibt uns das wirkliche Aussehen unserer Stadtkirche aus der Zeit vor 1585 leider verborgen. Aber auch auf dem Merian Stich sehen wir noch nicht den heutigen Dom. Jedoch nicht der kommende dreißigjährige Krieg brachte uns den nächsten Schaden, eher die Folgen des wirtschaftlichen Niedergangs im Nachgang des Krieges. Im Sommer 1730 war der bauliche Zustand der Kirche so verheerend und die Einsturzgefahr des Hauptturmes so groß, dass der Turm bis ins gesunde Mauerwerk abgetragen werden musste. Da alle folgenden Reparaturmaßnahmen nur als Flickschusterei bezeichnet werden können und Wettereinflüsse in solch schadhaften Gebäude immer wieder ihr übriges taten, blieb der Dom nun in den nächsten Jahrzehnten eine ständige Baustelle.

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Erst Friedrich II. veranlasste, nunmehr 1753, ernste Anstalten, die Kirche grundlegend zu sanieren. Mit allen Maßnahmen konnte 1757 die Fertigstellung der St. Marienkirche gefeiert werden. Noch heute erinnert eine Sandsteintafel über dem Eingangsportal an diesen feierlichen Moment. Doch gehört dieses Portal nicht zum heutigen Turm! Die 1757 gefeierte Kirche, vielmehr der Turm erhielt 1766 wieder einen Blitzeinschlag. Wieder brannte die Kirche aus und ein ewiges Gerangel zwischen den eingesetzten Baumeistern verzögerte die Fertigstellung des Wiederaufbaus bis 1771. Nun sah der Dom im Äußeren so aus, wie wir ihn auch heute noch kennen. Im Inneren wurde nun aber mit aller Gewalt ins gotische Schiff das Barock eingebracht. Eine barocke Flachdecke auf gotischen Strebepfeilern zierte nun den Blick gen Himmel.

Als man in der Ära des Historismus sich wieder der Gotik besann, erfolgte der große Umbau. Von 1908 bis 1910 rekonstruierte die Gemeinde den alten Dom und die Barockdecke wurde durch ein Kreuzrippengewölbe ersetzt. Übrigens ist diese Decke nach Berlin verbracht worden und dort in einem Raum des Kammergerichtes wieder installiert. Wenn auch niemand wusste, wie das originale Gewölbe aussah, so entstand nun wieder ein mittelalterlicher Eindruck. Dieser Eindruck währte dann nur 35 Jahre, denn es folgte die schlimmste Katastrophe in der Geschichte unseres Wahrzeichens. Die Kriegsereignisse der Apriltage 1945 brachten die umfangreichste Zerstörung der bis zu diesem Zeitpunkt gut 675-jährigen Kirche.

Bis 1966 gelang es, die Umfassungswände des Kirchenschiffes wiederherzustellen, Turm und Anbauten zu sanieren und das Dach aufzubringen.
Mit der Gründung einer kircheneigenen Dombauhütte begann im Sommer 1988 das Vorhaben „Wiederaufbau des Domes St. Marien zu Fürstenwalde“. Das ursprüngliche Ziel, ein Denkmal wiederherzustellen, wurde durch das Konzept „Schaffung eines Gemeindezentrums für alle Bürger der Stadt Fürstenwalde“ ersetzt. Das zukünftige Gemeindezentrum sollte mehrere Räume in sich aufnehmen, um als gottesdienstlicher Raum und als kultureller Ort nutzbar zu sein.
Dafür wurde eine Stahlrahmen- und Deckenkonstruktion konzipiert, die einen modernen mehrgeschossigen Einbau ermöglichte. Für die Gründung der Fundamente des mehrgeschossigen Einbaus musste unter archäologischer Begleitung ein Bodenaustausch von mehreren Metern erfolgen. Da es ein Anliegen war, die ruinösen Arkadenbögen mit allen Fragmenten zu erhalten, war dieser notwendige Bodenaustausch eine echte Herausforderung.

Eine weitere anspruchsvolle Aufgabe war der Wiederaufbau des völlig zerstörten Gewölbes in der Dombibliothek.
Es gelang, den Erhalt der ursprünglichen Fassung im Kirchenschiff darzustellen und den Einbau ohne Eingriffe in das historische Mauerwerk zu realisieren. Die Ganzglaselemente erlauben einen Blick vom Hauptportal bis zur Apsis des Kirchenschiffes und auf den restaurierten Hochaltar. Damit wurden die Forderungen der Denkmalfachbehörde umgesetzt.

Die Wiederherstellung sämtlicher Gewölbezwickel nach historischem Vorbild lassen erahnen, dass auch hier der Einbau eines Gewölbes möglich gewesen wäre. Mit dem Einbau einer flachen Holzdecke wurde bewusst auf das Gewölbe verzichtet. Auch diese Konstruktion lässt einen Rückbau jederzeit zu. Ein Blick zum Turm lassen die umfangreichen Bildhauer- und Steinmetzarbeiten nicht gleich erkennen. Das Hauptgesims aus massivem Sandstein wurde komplett ausgetauscht, die Kapitelle wiederhergestellt und das Sandsteinziffernblatt der Uhr, einschließlich der zusätzlichen Bildhauerarbeiten, restauriert. Alle Gewerke wurden weitestgehend durch die Mitarbeiter der Dombauhütte realisiert. Durch das gute Zusammenspiel sämtlicher Baugewerke, Restauratoren, Bildhauer, Steinmetze, Orgelbauer und Akustiker konnte der Wiederaufbau eines großen Bauwerkes nach sieben Jahren seinen Abschluss finden.

An dem Gesamtvorhaben „Wiederaufbau des St.-Marien Domes zu Fürstenwalde“ waren viele Engagierte beteiligt. Ein besonderer Dank gilt dem Polier der Dombauhütte, Hans-Jürgen Gaißer. Mit der Wiederherstellung des Bauwerkes und der Wiedereinweihung des Doms erhielt die Stadt Fürstenwalde, am 31. Oktober 1995, eine neue Mitte und somit auch eine Stärkung des öffentlichen Raumes.

Petra Kobalz & Guido Strohfeldt

Zitat:
Aus Jacob Lotichius Werk (1679) „Die Stadt Fürstenwalde – Die Kirche“

„Die Kirche
Die Bischofskirche steht/ die auch/ wie man sie findet /
Vom Wetter/ vom Vulcan/ vom Blitz ist angezündet:
Da stund sie wahrlich bloß und gleichsam auf die Fahrt/
Als zwanzig Häuser nach die Stadt zur Asche ward.
Gott Lob/ der Turm steht noch/ der Seelen Lust und Freude /
Der Mensch heil und Trost; das köstliche Gebäude/
Es stehe ja solang`als selbst die Welt besteht/
Bis aller Erden Bau mit eins zu Boden geht.
Wir sehn des Himmels Haus/ die Salems starke Mauren
Die Zions Edle Burg annoch beständig dauren;
Mit dreien Türmen ragt sie in die Höh empor;
Ihr Glocken heller Klang tut lieblich sich hervor:
Die Größte die man tritt/ wirft von sich in die Weite
Den bassicht- groben Schall: das prächtige Geläute
Weicht keiner Anmut nicht. Wann diese Boten nun
Mit aller Stimmen Macht/ was ihres Ampts ist/ tun/
Dann geht man hin zur Burg/ zum heiligen Hause dessen
Der uns zum Dienste ruft; der nicht will sein vergessen
Von Menschen; will durchaus man soll als einen Gott
Ihn fürchten/ lieben/ ehrn: Das ist sein erst Gebot:
Drum sieht man Groß und Klein/ und Mann und Frau bei Haufen
Zum Bethel Israels/ zum heiligen Palast laufen;
Es eilen Jung und Alt. Der hochgewölbte Saal/
Der Tempel/ wird erfüllt vom Volk in großer Zahl.[…]“

 

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