UVB legt Konzept für beschleunigten Strukturwandel vor

In der Debatte um die Zukunft der Braunkohle warnt die Wirtschaft in Brandenburg davor, den Strukturwandel in der Lausitz auf die leichte Schulter zu nehmen. „Wir brauchen dauerhaft 20.000 industrielle und industrienahe Arbeitsplätze in der Region. Vor uns liegt ein Kraftakt, der enorme Investitionen und brillante Ideen erfordert“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Hier brauche die Region jede mögliche Unterstützung von Seiten der Politik. „Bevor nicht neue, wettbewerbsfähige Wertschöpfungsketten entstanden sind, dürfen wir die bewährten Branchen und ihre Arbeitsplätze nicht in Frage stellen. Eine solche Beschäftigungsbilanz muss für die Arbeit der Kommission ‚Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung‘ ein zentraler Punkt sein.“

Der Spitzenverband appellierte an das Gremium, mit seinen Empfehlungen für die Bundesregierung nicht die Entwicklung der Region zu gefährden. In der kommenden Woche wird die Kommission im Lausitzer Revier tagen. „Hier entsteht ein Viertel der Wirtschaftsleistung Brandenburgs. Wir müssen Bedingungen schaffen, mit denen die Lausitz der Zukunft mindestens so stark wird wie heute“, erklärte Amsinck weiter. Ein übereilter Ausstieg aus der Braunkohle-Nutzung könne bei Unternehmen, Beschäftigten und Bürgern für starke Verunsicherung sorgen.

Eine deutliche Stärkung von Wissenschaft und Forschung ist nach den Vorstellungen der Unternehmensverbände zentral für den Aufbau von produktiver Beschäftigung. „Wir sehen die BTU Cottbus-Senftenberg als den Nukleus einer erfolgreichen Transformation. Forschungszentren und Campusse vor Ort sind der Grundstein für neue, wettbewerbsfähige Industriearbeitsplätze.“ Amsinck nannte als Beispiele den Lausitzring, wo heute schon das europaweit größte Testzentrum für autonomes Fahren entsteht. Ergänzt um einen Mobilitäscampus könnte hier am vernetzten und emissionsfreien Verkehr der Zukunft gearbeitet werden.

Ein ähnliches Modell sei denkbar rund um das Innovationszentrum Moderne Industrie in Cottbus. Mit dem Innovationszentrum Moderne Industrie, dem Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 und dem Leichtbau-Institut gebe es bereits den Nukleus für digitale Produktion – und damit das Potenzial, weitere Institute und produzierende Firmen anzusiedeln. Auch für die neuen Energien seien Kompetenzen vorhanden – am Standort Schwarze Pumpe sowie am Chemiezentrum Schwarzheide könnten Zentren rund um die Produktion, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff entstehen. Für einen Gesundheitscampus biete sich Senftenberg an – hier seien bereits alle relevanten Studiengänge für den Bereich vorhanden. Der Aufbau solcher Campusse und Zentren müsse in der Startphase mit rund 100 Millionen Euro vom Bund unterstützt werden, sagte Amsinck.

Weitere Bedingungen für eine produktive und moderne Industrie seien Breitband-Internet an den wichtigen Wirtschaftsstandorten und ein Ausbau der Infrastruktur. „Ein Sonder-Bundesverkehrswegeplan muss die Lausitz schneller und direkter an die Wachstumsregionen Berlin, Breslau, Dresden und Leipzig anbinden“, mahnte Amsinck. „Die Infrastrukturinvestitionen sind längst überfällig und nicht die Antwort auf den anstehenden Strukturwandel, sondern eine Grundvoraussetzung“, fügte Maren Schröder, Vizepräsidentin des Bauindustrieverbandes Ost, hinzu. „Die Wirtschaft folgt der Infrastruktur – somit ist eine gute und zeitgemäße Anbindung der Lausitz für einen erfolgreichen Strukturwandel absolut entscheidend.“

Unternehmen, Investoren und Gründer würden aber nur dann in die Lausitz kommen, wenn genügend qualifizierte Fachkräfte verfügbar sind. „Kluge Köpfe machen den Unterschied. Attraktive Studiengänge, ein weiterer Ausbau des dualen Studiums, eine Stärkung der Verbundausbildung und mehr Qualität in den Schulen sind darum zentral.“ Dr. Rüdiger Lange, Geschäftsführer der Innovationsregion Lausitz (IRL) bekräftigte diesen Punkt. Viele Unternehmen haben sich bereits auf den Weg gemacht und entwickeln auch mit unserer Hilfe neue Geschäftsmodelle und Produkte. Hier darf qualifiziertes Personal nicht zum Engpassfaktor werden.

Die enorme Dimension des Strukturwandels erfordere auch einen hohen finanziellen Einsatz, führte UVB-Hauptgeschäftsführer Amsinck weiter aus. „Die Lausitz soll Klimaschutz-Lasten stellvertretend für das gesamte Land schultern. Im Gegenzug muss die Politik beim Aufbau neuer Wachstumskerne klotzen statt kleckern.“ Die bisher vorgesehene Summe von einmalig 1,5 Milliarden Euro für alle deutschen Braunkohle-Reviere sei viel zu niedrig angesetzt. „Wir brauchen eine seriöse Kalkulation für die notwendigen Projekte.“

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